Interview

Audio88 & Yassin im Interview:
„Wir tun allen Menschen etwas Gutes und sagen denen auch noch, wie sie sich verhalten sollen.”

„Du liest ja gerne Bücher auch wenn das dein Wortschatz leugnet!“ – auf dem neuesten Werk von Audio88 & Yassin wird wieder in bewährter Manier ausgeteilt. Während das Titelstück „Hallelujah“ direkt zu Beginn klar stellt, welches Fehlverhalten die Menschen ihren Mitbürgern aufbürden (von lauten Tastentönen über leidvolles Aufstöhnen beim Anstehen bis hin zur Verwendung des Wortes „nice“), geht es in den folgenden sieben Tracks weiter mit Gesellschaftskritik und Sozialanalyse der beiden Berliner Prediger, die ihre Botschaft dabei gewohnt wortgewandt verpacken. Wir haben mit Florian alias Audio88 zu diesem Anlass über seine Sünden, das Paradies und seine Lieblings-Verschwörungstheorie gesprochen …

Wie kamt ihr auf den Themenkomplex Glaube/Kirche?
Beim letzten Album haben wir ja für uns die Deutungshoheit für guten Rap eingefordert und durften bestimmen was normal, whack oder nicht whack ist. Daher war für uns eigentlich nur die logische Konsequenz, dass wir das jetzt mit der gesamten Menschheit tun können, nachdem wir diese kleine Generalprobe mit Rap hatten und das sehr erfolgreich geklappt hat. Deshalb dachten wir, wir tun allen Menschen etwas Gutes und sagen denen auch noch, wie sie sich verhalten sollen und nicht nur den anderen Rappern.

Seht ihr euch eher als Moralapostel oder Propheten?
Ich denke das ergänzt sich ganz gut. Zum einen sind wir natürlich moralisch über alles erhaben, und zum anderen sehen wir uns aber auch dazu verpflichtet, die Werte in die Welt herauszutragen und der Menschheit etwas Gutes zu tun.

Wie sähen eure zehn Gebote aus?
Auf jeden Fall all die Sachen, die ich in „Hallelujah“ aufgezählt habe: auf der Rolltreppe nicht rechts stehen, in der U-Bahn keinen Döner essen, nicht laut telefonieren, sowas. Es zieht sich ja als roter Faden durch unser Schaffen, dass wir gerne Regeln aufstellen und unsere Wünsche äußern, wie sich Menschen zu verhalten haben bzw. das einfach diktieren.

Für welche Sünden müsst ihr noch um Vergebung bitten?
Da ich persönlich der Ansicht bin, dass es weder Himmel noch Hölle gibt und ich nur Wurmfutter bin wenn ich sterbe, kann es mir ja eigentlich komplett egal sein. Es geht ja eher darum, sich zu Lebzeiten korrekt zu verhalten, denn da haben am Ende alle was davon. Wenn ich jetzt kurz vorm Tod etwas bereue bin ich ja der einzige Mensch, der etwas davon hat und das ist ein bisschen egoistisch.

Nicht einmal eine kleine Mini-Sünde, hast du niemals falsch geparkt oder so was?
Ich hab keinen Führerschein! Das wäre auch nicht schlimm genug. Wenn es so etwas wie Gott gäbe, sollte das ohnehin sein kleinstes Problem sein – es sei denn, Gott ist halt richtig deutsch. Wenn es einen gibt stelle ich mir das tatsächlich so ähnlich vor wie beim Finanzamt – extrem schwer reinzukommen, extrem schwer damit klarzukommen und am Ende scheitert man daran, dass man die Vorgaben nicht verstanden hat. Und man dachte die ganze Zeit, man hätte alles richtig gemacht, aber dann kommt die Abrechnung!

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Was wartet auf dich im Paradies?
Meine Freunde, meine Familie, eine Welt in der es kein Geld gibt, nette Menschen, gute Musik und Schnaps, irgendwie so was. Im Prinzip wie hier, nur ohne Geld. Das wäre schon mal gut und würde dem Himmel schon sehr nahe kommen. Man steht nicht unter dem Druck, genügend einzufahren, dass man klar kommt und muss sich keine Sorgen um die Rentenkasse machen oder so einen Quatsch.

„Halleluja“ wurde von Dexter produziert, außerdem habt ihr zwei Features mit Doz9 und Nico von K.I.Z. Wie kam es zu diesen Zusammenarbeiten?
Doz kennen wir über Torky, der unser letztes Album „Normaler Samt“ produziert hat. Die Jungs sind auch bei unserer letzten Tour als Support-Act mitgekommen und da haben wir uns sehr lieben gelernt und wollten dann einfach mit ihnen zusammen ’nen Song machen. Wir haben uns dann im Studio getroffen, geschrieben und aufgenommen – wie man das als Rapper so macht. Mit Nico bzw. K.I.Z. pflegen wir schon länger eine Freundschaft und waren ja auch Support-Act auf deren letzter Tour, deshalb hat sich das so ergeben. Dexter hat ja bisher bei allen unseren Alben produziert und auf dem letzten sogar einen Part gerappt, den kennen wir einfach schon sehr lange.

Gibt es jemanden, mit dem ihr unbedingt noch zusammen arbeiten wollt?
Ich glaube, wenn es für uns ein „unbedingt“ wäre, hätten wir uns schon bemüht, da eine Zusammenarbeit anzuleiern. Aber es gibt natürlich schon Leute, mit denen wir gerne mal etwas machen würden – da wird sich dann mit der Zeit zeigen, ob das realisierbar ist. Wir beide wären cool damit, mal was mit Tua zu machen oder mit Taktloss. Ansonsten haben wir uns ja schon viele Traum-Features erfüllen können, auf dem letzten Album hatten wir einen Song mit zwölf Features drauf. Reicht dann auch irgendwann, so viele gute Rapper gibt’s ja auch nicht.

Und welchen Hype könnt ihr dagegen gar nicht nachvollziehen?
Du willst jetzt, dass wir uns negativ gegenüber Cloudrap äußern, oder? Es gibt ’ne Menge, was wir scheiße finden, hört man ja wahrscheinlich unseren Liedern auch an, aber ich muss jetzt kein Interview nutzen, um zu sagen welchen Rapper wir gerade richtig kacke finden, dafür haben wir ja Musik.

Mit knapp einer halben Stunde Laufzeit und acht Tracks ist euer neues Abum relativ kurz geraten – eine bewusste Entscheidung oder gab’s nicht mehr zu sagen?
Also zum einen haben wir nie gesagt, dass es ein Album ist, es ist halt unsere neue Platte. Und in anderen Genres ist das ja durchaus üblich. Bei den meisten deutschsprachigen Rap-Alben bleiben am Ende sowieso nie mehr als acht Songs übrig, die man sich überhaupt anhören kann. Deshalb haben wir uns gedacht, dann machen wir eben nur acht und alle sind richtig geil. Dann sparen die Leute sich auch Zeit, niemand muss skippen oder sich Gedanken darüber machen, wenn er das unterwegs auf dem Handy hört, mach ich jetzt das Lied oder das Lied, sondern man kann einfach alle acht durchhören und es ist perfekt so.

Euer letztes Album ist gerade mal ein starkes Jahr her – ist „Hallelujah“ einfach in der Zwischenzeit entstanden oder habt ihr euch gezielt hingesetzt dafür?
Sowohl als auch. Es sind auf jeden Fall alles Lieder, die – bis auf eine Strophe – nach „Normaler Samt“ entstanden sind. Es ging dann eigentlich relativ fix. Wir waren sehr viel live unterwegs im letzten Jahr und die Zeit, die wir nicht unterwegs waren, haben wir genutzt um uns zu treffen und neue Musik zu machen. Gar nicht unbedingt mit der Vorgabe „wir müssen jetzt so schnell wie möglich ’ne neue Platte zusammenkloppen, weil’s grade läuft“, sondern einfach weil wir Lust hatten Musik zu machen.

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Eure Lieblings-Verschwörungstheorie?
Auf jeden Fall Reptiloide. Menschen, die wirklich daran glauben … das ist auf jeden Fall ganz weit vorne, da ist man schon richtig raus.

Habt ihr abgesehen von der im Herbst anstehenden Tour schon Pläne für neue Projekte?
Weltherrschaft! Es ist noch ein langer und steiniger Weg, aber wir setzen jeden Tag einen neuen Grundstein dafür.

Famous last words?
Jetzt muss ich sagen, dass man unser Album kaufen soll, ne? Mist, jetzt hab ich gesagt, dass es ein Album ist!

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„Hallelujah“ erscheint am 10. Juni 2016

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1 Kommentar

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    Wochenendberater 20. – 23. Oktober - re.flect
    20. Oktober 2016 at 16:24

    […] zur Predigt. Wer keine Tickets für den ausverkauften Tourstopp ergattern konnte, kann sich dafür hier unser Interview mit den beiden zu Gemüte […]

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