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Berlinale 2013 – bisschen Schnee, bisschen scharf, bisschen schwul.

Die Schneemassen blieben diesmal aus bei der Berlinale, aber damit das Originalgefühl nicht gänzlich fehlte, gab es zumindest jeden zweiten Tag eine Prise des weißen Glücks. Glücksgefühle blieben im Wettbewerb aber lange Mangelware: Wie immer in den letzten Jahren, wirkte der Eröffnungsbeitrag etwas deplatziert – daran kann auch die stilistisch interessante Erzählung über den Lehrmeister von Bruce Lee „The Grandmaster“ nichts ändern. Matt Damons Fracking-Komödien-Drama fehlte es zur Überraschung aller bezüglich des Spannungsbogens vor allem an Gas, sodass die Bezeichnung Umweltthriller stark übertrieben erschien.

Stark vertreten und auch qualitativ ansprechend waren die osteuropäischen Beiträge vom polnischen Beitrag über schwule Priester und die Unterdrückung der entsprechenden Neigungen bis zum schicksalshaften Autounfallfolgendrama „Child’s pose“ aus Rumänien. Eine Mutter versucht hier ihren Sohn zu schützen, der ein Kind totgefahren hat. Die Mischung aus Schuld und Mutterinstinkt wird hervorragend in Szene gesetzt. Der dritte Teil der Paradiesreihe von Ulrich Seidl war eher etwas für Fans derselbigen und konzentrierte sich sehr stark auf jugendliche Bauchnabelschau. Der deutsche Wettbewerbsbeitrag „Gold“ erging sich ein wenig zu viel in dem beschwerlichen Weg Richtung Westen, den eine Gruppe Deutscher zu Zeiten des amerikanischen Goldrauschs auf sich nimmt. Nina Hoss geht einmal mehr in ihrer Rolle auf, wobei sich der geneigte Zuseher fragt, ob jeder Nina-Hoss-Film auf der Berlinale gezeigt werden muss.

Zu einem Kritikerliebling mauserte sich „Gloria“, die Geschichte über eine Frau in der zweiten Hälfte ihres Lebens, die nach ein wenig Sinn und vor allem Liebe sucht und oft und sehr enttäuscht wird. Gute Drehbuchidee, teilweise hervorragend gespielt, aber in der Umsetzung doch sehr fraglich. In der Perspektive Deutsches Kino gefielen aus unserer Sicht besonders „Freier Fall“ rund um einen schwulen Polizisten, der seine sexuelle Orientierung nicht wahrhaben will und „Meine Schwestern“ konnte durch hervorragende schauspielerische Leistungen, unter anderem von Nina Kunzendorf, überzeugen.

Besonders empfehlenswert ist die Dokumentation über das Erdbeben in Haiti und die danach in die Hose gegangene Entwicklungshilfe. Sehr entlarvende Details der Weltpolitik werden hier auf unterhaltsame Art und Weise erzählt. Alles in allem war es eine interessante, aber sicher keine hochkarätige Berlinale, da der Wettbewerb vom Niveau her oft hinter Filmen aus anderen Sektionen ins Hintertreffen geriet.

Thorsten und Tanja Majer

Bild: cinemafestival / Shutterstock.com

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