Interview

Suff Daddy im Interview

Drei eigene Longplayer, zwei Alben mit den Betty Ford Boys sowie diverse Produktionen und Remixe für Acts wie Mayer Hawthorne, Oddisee, Flo Mega oder Morlockk Dilemma – Suff Daddy kann man gut und gerne als Workaholic bezeichnen. Und auch auf seinem neuesten Werk hat sich der Berliner Produzent wieder wunderbar melodisch ausgetobt: Warme Basslines und Synthies verschmelzen zu einem smoothen Instrumental-Mix, der weit über die klassische Definition von HipHop-Beats hinaus geht. Wir haben uns mit dem – wie er wohl sagen würde – entspannten Dude über sein neues Album, den lieben Alkohol und die Vögel zu den „Birdsongs“ unterhalten.

Im Pressetext heißt es, „Birdsongs“ sei dein Debütalbum. Die „Gin Diaries“ von 2010 oder „Suff Sells“ von 2012 wurden aber ebenso schon als solche bezeichnet. Wie definierst du das für dich selbst?
Ich empfinde meine Hi-Hat-Club-Platte „Suff Draft“ als mein Debütalbum, auch wenn das damals im Rahmen einer Reihe stattgefunden hat. Das war das erste Album, das ich zusammengestellt habe. Aber sonst „Gin Diaries“! Also das ist natürlich Quatsch, wenn das da steht.

Wann hast du – abgesehen von diesem Album – das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht?
Normalerweise bin ich nicht so der Dude, der ständig neue Sachen ausprobiert, ich bin in meinem Trott drin. Aber dann war es wahrscheinlich irgendetwas zu essen, was ich sonst noch nicht gegessen hatte. Ich bin ein sehr schwieriger Esser und meine Freundin sagt immer „probier’ dies“ und „probier’ das“. Ich lass mich dann erweichen und sag am Ende trotzdem „bäh, nee, will ich nicht!“

Auf deinem neuen Album finden sich kaum Vocals. War das von Anfang an so geplant oder wie kam es dazu?
Das hat sich mehr oder weniger so ergeben. Im Produktionsprozess mach ich erst mal ganz allein Musik. Gerade nach den letzten Jahren, in den ich sehr viele Kollaborationen gemacht hab, hatte ich voll Bock, nur mein eigenes Ding zu machen, ohne irgendjemanden hinterherzulaufen oder etwas abstimmen zu müssen. Als es dann an die Fertigstellung des Albums ging haben wir eben überlegt, wen man noch so fragen könnte und irgendwie hat es mich zu dem Zeitpunkt gar nicht so gejuckt, mit Leuten Musik zu machen. Ich selbst höre super gern instrumentale Beats, manchmal stört mich der Gesang oder Rap regelrecht. Das habe ich dann da quasi ausgelebt. Ich wollte nicht, dass es so Standart Boom-Bap-mäßig wird. Also es sind natürlich alles noch HipHop-Beats, aber ich wollte, dass es auch ein bisschen musikalischer wird, ein bisschen mehr mit Arrangements, das war meine Intention.

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Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Mayer Hawthorne und dem Feature mit Dexter?
Zu Mayer Hawthorne hab ich einen privaten Kontakt durch Robert Winter, den Fotograf, der für uns alle Pressefotos macht und die Cover gestaltet und die Videos schießt. Die kennen sich und dann hab ich mir gedacht das wäre doch ’ne supergeile Chance und hab ihn einfach mal angeschrieben und er hat ja gesagt, ohne dass ich damit gerechnet hätte! Mit Dexter stehe ich ohnehin immer Kontakt und es liegt wahrscheinlich daran, dass es einfach super wenig Arbeit war und ich genau darauf Bock hatte.

Zur zweiten Single-Auskopplung „Macrowave“ gibt es auch ein offizielles Video, das passend zum Albumtitel allerlei Gefieder bereit hält. Hast du eine besondere Beziehung zu Vögeln?
Die Idee zum Video kam erst nach dem Albumtitel. Da haben wir uns gedacht wenn das Album „Birdsongs“ heißt, können wir auch ein Video im Bird-Look machen. Ein Kollege von Malte, der bei Jakarta Records arbeite, hat eine Freundin, die in einer Tierhandlung arbeitet. Dort gibt es hinten dran einen Raum, in dem eben Vögel rumfliegen könne und wir haben dann über ebay Kleinanzeigen Vogelhalter aufgefordert, mit ihren Vögeln vorbeizukommen. So wurden dann Woche für Woche andere Leute eingeladen und die Vögel gefilmt. Eigentlich eine ganz lustige Idee und auch mal ein bisschen was anderen, anstatt mich langweilig im Studio rumsitzen zu sehen oder so was. Vor allem, weil man mich im nächsten Video, das raus kommt, langweilig rumsitzen sieht.

Zu welchem Song ist das neue Video?
„Feel it“, einer der ganz ruhigen Songs vom Album. Dazu sind wir mit Robert Winter und Max, einem anderen Kollegen, in die Normandie gefahren und haben da ein ganz entspanntes Video gedreht, wie ich einen Bonsaibaum schneide. Klingt jetzt nicht so spannend, ist aber sehr schön geworden, auch weil Robert einfach ein sehr gutes Auge hat.

Wie kam es zum Albumtitel?
Zuerst war ich ein bisschen planlos. Normalerweise hatte ich immer irgendwas mit „Suff“ im Titel und irgendwie hatte ich da dieses Mal keinen Bock drauf. Als ich mit dem Album angefangen habe, habe ich das noch in meinem Home-Studio bei mir in der Wohnung produziert und da ist so ein Baum vorm Fenster, auf dem immer Vögel saßen. So was finde ich immer voll schön und entspannend. Und als das Album dann die ersten Konturen angenommen hat und eben auch total ruhig und entspannend war, ging es dann zur Namensfindung und ich dachte mir einfach „Birdsongs“, das isses!

Deine Tour im Winter soll erstmals auch mit Liveband stattfinden – hast du so ein Arrangement davor schon einmal ausprobiert?
Das ist für mich eine absolute Neuheit. Im November haben wir sieben Dates mit Band und sind gerade fleißig am Proben. Ich freu mich schon voll darauf, zum ersten Mal quasi live etwas darbieten zu könne. Bisher hatte ich immer ziemliche Probleme damit eine Live-Show zu machen, weil ich eben so ein Produzent bin, der zuhause sitzt und alles am Computer macht und allein konnte ich das bisher nie umsetzen. Daher kam die Idee, das mal mit einer Band zu machen und ich hab auch Bock auf ein bisschen Improvisation auf der Bühne. Ich würde auch gerne ein paar meiner alten Songs quasi neu reinterpretieren und das ist jetzt meine Mission über den Sommer, das auf die Beine zu stellen.

Spielst du selbst auch Instrumente?
Nicht wirklich. Ich klimpere auf meinen Synthesizern rum, aber ich hab nie ein klassisches Instrument gelernt und lese auch keine Noten. Ich spiele alles nach Gefühl und nach Gehör. Bei der Liveband-Umsetzung werde ich den Bass und den Lead-Synthie spielen, weil das eben die Instrumente sind, bei denen man keine Akkorde und so was spielt, sondern eher so One-Finger-Dinger. Und das war ja schon immer ein bisschen mein Markenzeichen, dass ich da so ein bisschen rumdüdel, meine Basslines, die mir auch immer am meisten Spaß gemacht haben. Ich mache das als absoluter musikalischer Laie. In Stuttgart spielen wir in der Schräglage.

Zuletzt warst du mit Anderson .Paak auf Tour, den wir hier beim re.flect übrigens ziemlich großartig finden. Wie darf man sich das vorstellen, hängt ihr da auch backstage miteinander rum oder sieht man sich eigentlich kaum?
„Auf Tour“ klingt so krass – er hat nur zwei Deutschlandgigs in Berlin und München gegeben, bei denen ich quasi die Vorband gestellt habe. Er hing aber ganz normal backstage rum, das ist auch ein total auf dem Boden gebliebener, geerdeter Dude und super professionell. Er hängt backstage eben auch mit seiner Band rum, die da auch sitzen, Bier trinken, kiffen und was weiß ich. Deshalb war das wirklich super entspannt und er ist auch sehr freundlich, womit ich erst mal gar nicht gerechnet habe, ich dachte dass er vielleicht auch gar keinen Kontakt da zulässt. Beim zweiten Gig in München waren schon mehr oder weniger alle per du und es war auf jeden Fall mit das geilste Konzert, das ich je gesehen habe. Was cool war, weil ich es dadurch zweimal sehen konnte – bezahlt! Es war mir eine Ehre. Er spielt auch wieder auf dem Splash und da freu ich mich am allermeisten drauf.

Deine Songs laufen sowohl in der UK-Kultserie „Shameless“, als auch bei „Galileo“ oder in Werbespots (Adidas). Was hältst du von den einzelnen Formaten? Hat man da als Künstler überhaupt ein großes Mitspracherecht?
Die müssen ja nicht vorher fragen, sondern können einfach Musik aussuchen und man wird dann durch die Lizenzen entschädigt, insofern habe ich da überhaupt nichts dagegen und finde das cool, wenn es läuft. Natürlich schau ich nicht „Galileo“, aber ich finde es cool, wenn es verwendet wird. Bei Werbeclips ist so was natürlich vorher abgesprochen und das sind vielleicht jetzt nicht die Projekte mit der größten Leidenschaft, aber eben auch finanziell interessant.

Gibt es ein Projekt, zu dem du selbst gerne mal den Soundtrack beisteuern würdest?
Nee! Wenn so etwas an mich herangetragen wird bin ich auch erst mal am Hadern und denke immer nee, das klingt nach so viel Arbeit, kann ich das überhaupt. Wenn es dann läuft ist es eigentlich auch ganz cool, aber an sich will ich so was gar nicht, ich will eigentlich ja nur für mich zuhause alleine Musik machen, weil ich daran am meisten Spaß habe.

Was hörst du privat gerade?
Super wenig Deutschrap, viel weniger als früher. Was mich gerade mehr interessiert, ist tatsächlich Gesang oder eben Leute wie Anderson .Paak, die das eben mischen – der klingt super geil, der rappt super geil, alles hat ’nen geilen souligen und funky Vibe, so was hör ich mir voll gern an.

In der Pressemitteilung steht: „Er ersetzt das Becks und den Schnaps als Inspirationsquelle und berieselt sich fortan durch die Eindrücke, die er auf seinen Reisen durch Europa und Australien sammeln konnte.“ Hast du dem Trinken völlig abgeschworen?
Ich trinke immer noch ganz gerne, aber im Gegensatz zu früher wirklich viel weniger. Statt Schnaps gibt’s jetzt eher Bier oder auch mal ’nen Gin Tonic. Früher habe ich mir das sehr auf die Fahnen geschrieben und auch mehr gelebt, als heutzutage – man wird ja auch älter und vernünftiger. Es stimmt schon, dass ich mittlerweile mehr reise, weil das mein DJ-Beruf eben so mit sich bringt und ich in letzter Zeit das Glück hatte, immer weiter durch Europa reisen zu dürfen, was immer super geile Erfahrungen sind. Ob das jetzt wirklich genau die Inspiration war sei mal dahingestellt, aber es ist so ein Mix aus allem. Früher hatte ich super viele Referenzen an Saufen und Kiffen in der Musik, das habe ich dieses Mal weggelassen, weil ich das ein bisschen albern fand, ich hab das so oft gemacht und irgendwie kickt mich das nicht mehr so.

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Der gemeinsame Song mit Dexter heißt „Kater“. Wann und unter welchen Umständen war dein letzter?
Der war am Sonntag! Ich hatte das ganze Wochenende Gigs, donnerstags, freitags und samstags, deshalb war ich ziemlich kaputt. Ich muss sagen natürlich bei Gigs trinke ich schon Bier, aber früher war jeder DJ-Gig für mich der Anlass, sich total zu besaufen und das ist etwas besser geworden. Die Kater werden leider auch härter, je weniger man trinkt – der Kater bleibt. Insofern ist das ist ein sehr unorigineller Songtitel, aber der ist dann einfach geblieben.

Im Betty Ford Boys Interview zu „Retox“ hast du ein Comeback für 2016 angekündigt – gibt’s schon etwas Neues aus eurer „Producer-Boyband“?
Also wir treffen uns jetzt im Oktober in einem Haus im Tessin in der Schweiz und werden da das neue Album produzieren. Das wird zwar dann erst 2017 erscheinen, aber der Plan steht. Das letzte Album haben wir ja auch nur zusammen vor Ort gemacht und so wollen wir’s wieder machen und ich bin ziemlich guter Dinge. Die Nachproduktion mit den ganzen Details dauert dann natürlich immer noch ein paar Monate, aber wir sind auf jeden Fall dran und haben Bock. Wir lieben uns immer noch und sind in regem Kontakt, das ist eben ein absolutes Herzensprojekt für mich.

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„Bird Songs“ erscheint am 24. Juni 2016

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