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WORTWECHSEL: FLUXUS

WORTWECHSEL: FLUXUS – TEMPORARY CONCEPT MALL - re.flect Stuttgart

Statt klassischem Interview lassen wir die Protagonisten bei unserem Wortwechsel selbst die Fragen stellen. Mitte Juli verabschiedet sich das Fluxus aus der Calwer Passage. Mit dem Initiator Hannes Steim, Elisabeth Trovato von LALA healthy livin und TATTI-Betreiber Paul „Benny“ Scheibe haben wir die letzten dreieinhalb Jahre noch einmal Revue passieren lassen – und einen kleinen Blick in die Zukunft geworfen …

Elisabeth (rechts): Wie viele Läden waren eigentlich insgesamt im Fluxus?

Hannes (mitte): Also insgesamt waren es knapp 50 und fast die Hälfte davon Neugründungen.

Nina: Hörst du eigentlich noch viel von den Leuten, wenn die wieder raus gehen?

H: Teils, teils. Also es gab Nette und weniger Nette. Oft war es so, dass die, die nicht so nett waren, dann eben keine Verlängerung bekommen haben und deswegen sind jetzt die Nettesten übrig geblieben. Sozusagen die Topbesetzung!

E: Wir erleben das Fluxus ja auch ganz anders als die Besucher. Wir sind jeden Tag hier und bekommen natürlich alles mit. Und finden es mega gut, weil so viele Chancen entstanden sind. Ich hab zum Beispiel anfangs bei Benny gearbeitet und als ich ihm erzählt habe, dass ich einen Laden aufmachen will, hat der erstmal nur gelacht.

Benny (links): Neee, gar nicht!

E: Auch mein Business-Plan kam am Anfang nicht so gut an. Aber trotzdem hast du im Fluxus einfach die Möglichkeit gehabt, etwas zu starten.

B: Aber Business-Pläne sind doch eh totaler Quatsch. Ich hab mich mal mit jemandem von der IHK unterhalten, dem habe ich erzählt, wie ich mir Gastronomie vorstelle und der meinte dann nur, dass das im Leben nicht funktionieren wird. Die haben einfach irgendwelche Statistiken – da ist von der Döner-Bude über den Hähnchen-Wagen beim Kaufland in Hintertupfingen bis hin zum Sterne-Italiener alles dabei. Ich finde, wenn man etwas unbedingt will, dann kann man daran festhalten.

E: Wir haben glaube ich auch schnell gelernt, dass vor allem der „character“ viel ausmacht. Ich meine, hättest du nicht die Vision gehabt oder wäre Hannes nicht so ein „character“ in der Stadt, wäre das alles nicht zustande gekommen.

H: Ich denke man kann die Kosten ja im Vorfeld meistens ganz gut einschätzen, den Umsatz eben nicht, das ist das Problem. Da macht es einen großen Unterschied, ob man vernetzt ist oder nicht und das Konzept kann beim einen aufgehen und beim anderen nicht.

B: Es liegt natürlich auch an der Herangehensweise, das haben wir glaube ich alle ähnlich gemacht. Man fängt erstmal ganz klein mit einem überschaubaren Programm an, dann sieht man, was gut läuft und was nicht und kann optimieren. Bei uns war am Anfang alles improvisiert – Tischplatten auf Holzpflöcken, Spülmaschine auf Paletten, die O-Saft-Maschine stand auf dem Boden und dann entwickelt sich nach und nach alles. Bei euch ist es ja jetzt auch voll der süße, tolle Laden geworden.

E: Ja, man konnte sich total entfalten und auch ausprobieren, wie man überhaupt sein möchte. Und rausfinden wie ein Laden eigentlich läuft, also mit Steuerberater und Co.

B: Was ich cool finde an der ganzen Geschichte ist, dass viele Menschen die Möglichkeit bekommen haben, sich auszutoben. Ich hätte den Laden vermutlich nirgendwo sonst machen können. Viele fragen ja immer „Und wie gehts jetzt weiter?“ und wenn sie dann hören, dass wir raus müssen heißt es meistens „Ah voll blöd, immer das gleiche in Stuttgart, denen geht´s doch nur ums Geld …“. Aber eigentlich muss man das anders sehen. Wir sind mega froh, dass wir hier sein konnten, ursprünglich waren es drei Monate, jetzt waren wir fast dreieinhalb Jahre hier, viele hatten die Möglichkeit sich zu entwickeln und was daraus zu machen. Hätte das nie stattgefunden, wäre ich mit Sicherheit nicht in der komfortablen Situation, dass ich, wie fast alle hier, einen Laden angeboten bekommen und einen neuen Mietvertrag unterschrieben habe. Das war ein super Sprungbrett.

E: Auch, dass hier die unterschiedlichsten Leute vorbeikommen, ob Zehnjährige, die einen Smoothie kaufen oder die Omis!

B: Es ist natürlich traurig, dass es abgerissen wird, aber Stuttgart hatte jetzt drei Jahre einen echt coolen Spot!

H: Ich glaube, das generelle Problem bei den Zwischennutzungsgeschichten ist, dass die Vermieter andere Interessen haben als die Zwischennutzer. Und auch andere Risiken. Oft ist es ja auch so, dass wenn etwas Nettes entsteht und dann geschlossen wird, sie die Idioten sind. Das versuchen wir hier zu vermeiden, denn es war ja von Anfang an klar, dass irgendwann Schluss ist.

E: Und es entwickeln sich ja auch wieder neue Dinge, auch zum Beispiel die Tübinger Straße. Ich habe das Gefühl, dass man mittlerweile mehr Platz hat. Es passiert auf jeden Fall gerade ziemlich viel und entwickelt sich weiter.

H: Ja also ich mach jetzt erstmal easybreazy. Ich habe die letzten Jahre glaube ich genug erlebt und muss dann mal schauen, wie es weitergeht. Aber ich bin erstmal raus!

E: Wir machen einen neuen Laden in der Innenstadt in der Eberhardstraße auf. Wir ziehen da mit ein paar Leuten hin z.B dem Superjuju und hoffen, dass es eine ähnlich gute Nachbarschaft wird wie hier.

B: Bei uns gehts auch weiter, aber es wird mit Sicherheit erstmal eine Pause geben. Und dann kommen wir auch in die Nähe von Elisabeth. Mehr wollen wir aber noch nicht verraten, außer, dass es genau 692 Schritte von hier zum neuen Laden sind …

INFO: FLUXUS – TEMPORARY CONCEPT MALL

Closingparty 14.07.18 • Calwer Passage • fb.com/fluxusstgt

Vielen Dank an unseren Fotografen Sven Baum! Der hatte übrigens auch mal einen Laden um Fluxus 🙂

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1 Kommentar

  • Reply
    BYE, BYE, FLUXUS! - re.flect Stuttgart
    26. Juni 2018 at 20:46

    […] Und allen, die jetzt neugierig geworden sind, raten wir schnellsten einen Blick in unseren „Wortwechsel – FLUXUS Special“ zu […]

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