Timur Örge im Interview zu „Make me Feel“: „Wir wollen im deutschen Independent-Film ein Zeichen setzen.“

Mit „Make Me Feel“ legt Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Timur Örge eines der ambitioniertesten Independent-Filmprojekte der letzten Jahre vor: eine abenteuerliche Sci-Fi-Liebesgeschichte, die über zwei Jahre hinweg in vier Ländern entstanden ist. Das Besondere daran? Das Projekt ist ohne Förderung, ohne Major Studio, aber dafür mit einer großen Vision entstanden. Wir haben mit Timur nicht nur über Ludwigsburg als Drehort gesprochen, sondern auch über absurde Momente am Set beim Lago Maggiore und seine ganz persönliche Traumwelt.

Timur, erstmal Glückwunsch zum Kinostart! Magst du uns kurz erzählen, worum es in deinem Film „Make Me Feel“ geht?
„Danke! „Make Me Feel“ ist eine abenteuerliche Liebesgeschichte mit einem Sci-Fi-Touch. Ella will ihren Mann Tito retten, der nach einem Autounfall im Koma liegt. Eine Ärztin bietet ihr ein Experiment an, mit dem sie in seine Träume eintauchen kann, um ihn zu wecken – durch Emotionen. Und die stärkste Emotion ist Liebe. Weil Tito im echten Leben Drehbuchautor ist, landet sie in den Welten seiner Drehbücher voller Western, Mafia oder Piraten und muss es in diesen unmöglichen Szenarien schaffen, dass er sich wieder in sie verliebt.“

Wie ging’s dir nach der Premiere und wie fühlt es sich an, dass der Film jetzt auch seit Kurzem in Stuttgart in den Kinos läuft?
„Der letzte Dreh war im Januar, ist also schon eine ganze Weile her. Eine große Last ist erst mit der Premiere Ende Oktober im Zoopalast in Berlin abgefallen: Das war maximale Eskalation mit 800 Leuten. Ich hatte wochenlang davor Herzrasen bei dem Gedanken, auf die Bühne zu müssen. Aber das Publikum war super dankbar und den Film dort oben auf der großen Leinwand zu sehen, war einfach crazy. Der Raum Stuttgart ist ein super wichtiger Bereich, weil dort die ganze Truppe von Alpha Centauri sitzt, die mitproduziert haben und den Verleih machen. Vieles wurde auch im Raum Ludwigsburg gedreht – das Haus von Ella, das Labor, der Unfall. Das war für uns ein richtiges Heimspiel.“

Der Film wurde ohne Förderung realisiert und ihr habt 1,5 Millionen Euro eigenständig aufgebracht. Wie hast du das Vertrauen aufgebaut, so ein Projekt trotzdem durchzuziehen?
„Ab Minute eins war klar, dass ich all in gehe. Ich habe am Anfang mein eigenes Geld reingesteckt, das gesamte Ersparte aus acht, neun Jahren Filmproduktion. Statt ein Haus zu kaufen, habe ich meinen Film gemacht. Allein der allererste Dreh im Januar 2023 in Berlin hat schon ein paar tausend Euro gekostet. Später wurde es sogar so eng, dass ich mein eigenes Auto verkaufen musste. Dazu kamen Freunde und Kolleg:innen, die an das Projekt geglaubt haben. Als dann Tito von Alpha Centauri dazu kam und wir plötzlich in Almería in der Wüste standen, war klar: Es gibt kein Zurück mehr. Das Projekt war wie eine Kugel, die abgefeuert wurde. Ohne Major Studio, ohne Förderung, aber mit Mut, Liebe und einem riesigen Team, das Bock hatte.“

Was war der verrückteste Moment beim Dreh?
„Ganz klar in Cannobio am Lago Maggiore. Wir hatten eine Drehgenehmigung mitten in der Stadt – mit Autos, Verfolgungsjagden, Drohnen. Die Polizei kam, und wir dachten: „Jetzt gibt’s Ärger!“ Aber der Polizist wollte nur ein Foto machen. Und dann hat Tito einfach ein ganzes Stadtfest pausieren lassen, damit wir weiterdrehen konnten. Und die waren alle cool damit.“

Euer Motto: Große Filme müssen nicht aus Berlin oder Hollywood kommen. Wie kam’s dazu?
„Das ist unser Ziel, das ist unser Statement. Die Idee ist gewaltig, die Bilder und Welten sind Hollywood, aber wir hatten kein Hollywood-Budget und kein Major Studio. Uns war wichtig, zu zeigen, dass auch ohne Förderung etwas Großes möglich ist, wenn man Mut hat, Liebe reinsteckt und ein Team hat, das Bock hat. Wir wollten ein Zeichen setzen, gerade im deutschen Independent-Film.“

In „Make Me Feel“ spielt Charleen Weiss die Rolle der jungen Mutter Ella.
Würdest du sagen, dass die Film-Branche im Raum Baden-Württemberg unterschätzt wird?
„Hundertprozentig wird die Branche hier unterschätzt. Der deutsche Film hat oft einen Stempel bekommen, den er nicht verdient. Die Szene befindet sich im Wandel und es gibt viele independent Filmemacher, die diesen Weg gehen wollen. Da ist sehr viel Spielraum nach oben.“

Wenn du auf deine Anfänge zurückblickst: Was würdest du deinem 20-jährigen Ich sagen?
„Mach alles genauso. Glaub an deinen Traum, auch wenn’s tough ist. Und arbeite mit Menschen, die dich weiterbringen und denselben Traum teilen. Das ist das Wichtigste.“

Wenn du einen Tag in einer Traumwelt verbringen könntest, welche wäre das?
„Aus dem Film würde ich tatsächlich die Western-Welt wählen. In Deutschland war mir beim Dreh oft alles viel zu kalt und die Western-Welt war hell, sonnig und hatte einfach einen ganz eigenen Flair. Wenn ich mich aber ganz allgemein entscheiden müsste, dann wäre es eine Traumwelt, in der man übernatürliche Fähigkeiten hat. Ich träume seit meiner Kindheit davon, zu fliegen oder mich zu teleportieren: Einmal „klick“ und man ist plötzlich am Strand in der Türkei, so wie im Film „Jumper“.“

Wie würdest du den Film in drei Worten beschreiben?
„Liebe. Abenteuer. Wahnsinn.“99
18.11.2025 — Mara Remmlinger
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