Stuttgart-Archiv

4 Fragen an… Fritz Kuhn

Fritz Kuhn ist Stuttgarts neuer Oberbürgermeister und damit der erste grüne Oberbürgermeister einer Landeshauptstadt überhaupt; am 07. Januar trat der gebürtige Bad-Mergentheimer sein Amt an. Kuhn bringt eine Menge Polit-Erfahrung auf Landes- und Bundesebene mit, schließlich war er von 2005 bis 2009 Vorsitzender der grünen Bundestagsfraktion. Trotzdem zog es den 58-Jährigen wieder zurück ins Ländle und nun hat er die Aufgabe, Wolfgang Schuster (CDU) zu beerben. Privat trifft man Hobbykoch mit Schwäche für urschwäbische und italienische Küche vor allem im Schlesinger. Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt, was er in Stuttgart besser machen will.

Herr Kuhn, wo gehen Sie privat in Stuttgart eigentlich hin – was sind Ihre Ausgehtipps?
Mit dem „Schlesinger“ liegen Sie richtig – da trifft man die unterschiedlichsten Leute. Eine angenehme Atmosphäre bietet ebenso das „Café Stella“ – trotz Hauptstätterstraße. Gute Restaurants hat Stuttgart einige: empfehlen kann ich das „Insieme“ in der Schubartstraße und in der Nähe des Rathauses den nicht mehr so geheimen Geheimtipp „Breitengrad 17“.

Wie wollen Sie mit den Nerv junger Städter treffen – verraten Sie’s uns bitte: Was sind Ihrer Meinung nach die drei Dinge in punkto Stadtleben, die re.flect-Lesern am wichtigsten sind?
Ich glaube, viele „junge Städter“ haben den ständigen Vergleich zwischen Stuttgart und Berlin satt. Da gibt es in vielen Bereichen längst Augenhöhe. Wir haben eine tolle Kulturszene – nicht nur Hochkultur sondern auch eine Subkultur mit witzigen Ideen für Film, Musik und Design. Doch diese Subkultur braucht Platz, um sich zu entfalten. Wir dürfen Sie nicht als Stiefkind behandeln, denn Kultur wächst am besten von unten nach. Ich könnte mir auch vorstellen, dass viele der „jungen Städter“ gar kein eigenes Auto mehr haben und längst moderne Mobilität im Alltag leben. Daher brauchen wir gute Carsharing-Anbieter, eine zuverlässiges Stadtbahn- und S-Bahn-System, hier müssen wir nachlegen, und ein durchgehendes Fahrradwegenetz, das nicht im Nirgendwo endet. Und schließlich wollen diese „jungen Städter“ auch in der Innenstadt und nicht am Stadtrand wohnen. Dafür brauchen wir mehr bezahlbare Wohnungen in der Innenstadt.

Die Kreativbranche ist eine nicht zu verachtende Wirtschaftsgröße in Stuttgart – was gedenken Sie für diese Branche zu tun?
Der Beitrag der Kreativen zur Wirtschaft wird gerne unterschätzt. Doch in Stuttgart ist die Kreativwirtschaft eine Branche mit hohem Wachstums- und Beschäftigungspotenzial. Auf vielfältige Art ist sie mit anderen Industrien als Dienstleister sowie Zulieferer verknüpft und regt ständig mit innovativen Ansätzen zu neuen Ideen an. Dafür muss Stuttgart gründerfreundlich sein, viele Kreative beginnen als kleine Start-Ups. Für diese Start-Ups braucht es günstige Büroräume oder Co-Working Spaces. Ein Ladenlokal steht einige Monate leer? Warum nicht einen Showroom für einen aufstrebenden Designer daraus machen! Die Röhre am Wagenburgtunnel musste vor einem Jahr schließen, seitdem geschieht sowohl davor als auch darin nichts – das ist eine richtige Verschwendung. Wir sollten uns angewöhnen Leerstand der Kreativbranche als Zwischennutzung zur Verfügung zu stellen. Dann bleiben so erfolgreiche Projekte wie das Utopia Parkway und Wilhelmspalais keine Einzelfälle. Hier möchte ich Stuttgart weiter voranbringen.

In letzter Zeit scheint es eine immer größer werdende Kluft zwischen Behörden auf der einen und Nachtleben auf der anderen Seite zu geben, Stichwort Razzien, nicht genehmigte Anträge etc. – dabei gilt das Stuttgarter Nachtleben als echter Besucher-Magnet. Inwieweit werden Sie sich für Nachtleben und Szene einsetzen?
Natürlich ist es ein Tanz auf dem Drahtseil. Einerseits ist Stuttgarts Clubszene überregional bekannt und ein echter Publikumsmagnet und Gewinn für die Stadt, andererseits ist die Stadt verpflichtet, dafür zu sorgen, dass bestimmte Sicherheitsauflagen eingehalten werden und die Anwohner in den umliegenden Wohnvierteln ihren Schlaf bekommen und morgens nicht erst die Reste der Party wegkehren müssen. Tatsächlich gab es im vergangenen Jahr Kontrollen der Clubs in der Innenstadt durch Polizei, Gaststättenbehörde, Zoll und andere Ämter. Verständlich, dass sich die Gastronomen über diese Kontrollen ärgern, da sie wohl oder übel in der Hauptgeschäftszeit stattfinden müssen, um ein reales Bild von Brandschutz und Fluchtwegen zu erhalten. Es geht ja nicht um Gängelung der Betreiber, sondern um die Sicherheit der Gäste. In Folge der Kontrollbesuche steht es im Klima zwischen Stadt und Club-Betreibern nicht zum Besten, daher hat der zuständige Ordnungsbürgermeister zahlreiche Vertreter der Szene-Clubs zusammen mit den beteiligten Ämtern zu einer Aussprache Anfang Februar ins Rathaus eingeladen. Ich denke, dass damit ein guter Weg beschritten wird und erwarte auch, dass der Gesprächsfaden dann beibehalten wird.

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