Interview

HAIYTI

Am 04. März gibt´s Haiyti dann live Im Wizemann - re.flect Stuttgart

Aggressive Delivery und gehauchtes Autotune, dazwischen ihr würgendes „UARGH“-Adlib: Immer wieder entflieht die in prekären Verhältnissen in Hamburg-Langenhorn aufgewachsene Haiyti in ein wild zusammen geflunkertes Glamour-Gangster-Life, nur um dann nach einer drogenverseuchten Nacht in der Tristesse des Hamburger Hauptbahnhofs zu landen und am Morgen ihre innere Zerrissenheit zu zelebrieren. Und so wird auch das Interview: Aufgekratzt, kicherig, lakonisch mäandert sie durch das Gespräch, kehrt noch mal zu Fragen zurück, die bereits abgehakt sind, denkt über die Fragen nach und entscheidet sich dann für die ehrlichste Antwort, die ihr einfällt.

Hallo Ronja, wie hast du die letzten anderthalb Jahre erlebt?

Ich hab keinen Urlaub gemacht (lacht). Nur einmal kurz an die Adria, aber da habe ich ein Video gedreht.

Was war für dich das einschneidendste Erlebnis in den letzten 18 Monaten?

Der ZEIT Artikel war ganz gut. Ansonsten weiß ich ganz gar. Einmal hat SIDO mit mir angestoßen und alle haben mich angeguckt (lacht, wird aber von ihrem Smartphone abgelenkt) Oh Man meine Mutter … Hmm, also was ist passiert? Ich bin irgendwie gar nicht so beeindruckt von den letzten zwei Jahren. Weil wenn ich ganz ehrlich bin ist mehr schief gegangen als gut gegangen. Ich hab ein ganzes Album verloren – da ist die Festplatte abgestürzt und ich will gar nicht sagen, was für Features ich hatte. Dann hab ich alles wieder in zwei Tagen neu aufgenommen, was der zweite Fehler war. Was das Gute war: ich war für eine Menge Preise nominiert und hab auch ein paar gewonnen.

Du hast eben angesprochen dass du ein Album verloren hast – war das quasi der Vorgänger von Montenegro Zero oder MZ 0.8?

Das ist was ganz Schlimmes, darüber will eigentlich gar nicht reden. Eigentlich müsste ich das Album löschen.

Okay…? Äh welches löschen?

Sag ich nicht (kichert). Weil ich alles in zwei Tagen aufgenommen hab.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Hmm, das ist … Wie ein Wolkenkratzer, der so hoch gebaut ist, dass er im Sturm steht (kichert). Oder wie so ein zerlöcherter Jenga-Turm, wo man nur noch einen Stein herausziehen muss, damit er zusammen bricht!

Wie ist dein Ansatz beim Musik machen, wie entsteht ein Haiyti-Track?

Ja, das fragen mich immer alle … Aber das kann man sich doch vorstellen! Die Produzenten zeigen mir zitternd ihre Beats, dann sag ich „Nein, nein, nein, nein, nein“ und irgendwann sag ich „okay“ und geh ans Mikrofon.

Was inspiriert dich?

Geschichten aus dem Freundeskreis, Menschen aus meinem Umfeld. Derzeit haben wir einen im Kumpel- und Freundeskreis zum Beispiel, ein Ex-Boxchampion und Ex-Europa-Meister in seiner Gewichtsklasse und dem sein ganzer Körper ist vernarbt, der wurde dreimal operiert und der kann seinen Arm eigentlich gar nicht mehr heben, weil das alles so schlecht zusammen gewachsen ist. Und jetzt ist er Dealer und wir nennen ihn nur noch den Sprengstoffmeister (lacht) und so heißt auch mein nächster Song!

Was bedeutet Kunst für dich, wie definierst du das für dich?

Zuerst einmal können ganz viele Leute Kunst machen. Viele wollen immer Kunst erschaffen und man sieht aber.… Puh das ist so schwierig, wenn man jetzt Kunst studiert und die Leute zeigen ihre Sachen, eigentlich weiß man schon spätestens im dritten Semester was Farbe ist. Es gibt dann auch so Ausnahmeleute, die erst später die Kurve kriegen und auch mein Prof Anselm Reyle war glaub ich so. Der war während seiner Unizeit genauso wie ich, also eher schüchtern und hat nie seine Sachen gezeigt und nur ein oder zwei Bilder gemalt. Man muss da erst mal locker machen.

Nun, also was deine musikalische Kunst angeht hast du dich ja eher locker gemacht, wenn man deinen immensen Output anschaut…

Jaaa, ich bin aber immer unzufrieden. Ausnahmen sind „Monacco“ und „Gold“, die finde ich sehr gelungen.

Du hast dieses Album komplett mit Kitschkrieg produziert, davor hattest du bereits EPs mit Produzenten. Wie kam es dazu? War das eine bewusste Entscheidung, nur einen Produzenten mit dem Album zu betrauen?

Ich will jetzt nicht unkompliziert sagen, aber … Es ist am besten für die Kunst, wenn´s aus einer Hand ist. Es war von Anfang an so geplant, dass Kitschkrieg die Hauptproduzenten sind, wir machen nen Album zusammen, 10-15 Songs, und ich würde jetzt noch 2-3 andere Produzenten mit ins Boot holen. Aber dann ist es nicht so geworden und es hat sich so entwickelt, dass wir alles zusammen gemacht haben.

Was war der letzte Künstler oder das letzte Album, das du deiner Mediathek hinzugefügt hast?

Hmm, ich bekomm hier und da mal was von meinem Freundeskreis mit. Ich bin jetzt auch nicht so Konsument. ich hab mir kürzlich Lil Peep angehört, aber nur um mir das jetzt mal reinzuziehen. Ich kann aber gar nicht Musik hören, weil ich ja selber … (macht eine Pause) Ich bin nicht so interessiert irgendwie. Wenn ich live was anschaue finde ich das geil, da war ich jetzt zum Beispiel bei Deichkind im Sommer, aber ansonsten bin ich ja nicht so in der Szene unterwegs. Die einzige Show, die ich mir bei meiner Festival-Saison reingezogen habe, war von Bilderbuch. Da war ich positiv überrascht, weil der Sänger ja privat, sagen wir mal, normal ist, aber auf der Bühne war der wie ausgetauscht, da war ich wirklich überrascht, dass der so nen Showmaster ist.

Was würdest du machen, wenn du die Welt eine Weile anhalten könntest?

Ein Jahr lang auf Vorrat schlafen, damit ich dann ganz lange nicht schlafen muss!

Arbeitest du bereits an neuem Material?

Bisschen, insgeheim ja, ich weiß nämlich jetzt wie der Hase läuft! Bin mir aber noch nicht sicher, ob über einen Major oder eher wieder ein Mixtape oder eine EP. Ich wollt ja jetzt nen Gangsterrap-Album machen weil alle sagen dass ich nur singen soll. Da muss ich natürlich gegenhalten.

Wovon braucht die Welt mehr?

Hmm, (lange Pause) … Ich weiß nicht, ich will ja jetzt nichts Blödes antworten, weisst du? Jetzt hast du mich ziemlich überrumpelt. Ich sag mal: mehr
Seepferdchen!

Und wovon weniger?

Weniger iPhones!

Vielen Dank für das Interview und am 04. März gibt´s Haiyti dann live Im Wizemann!

Foto: © Tim Bruening

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