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MACH PLATZ, STUTTGART!

Österreichischer Platz

Egal, über was man sich in Stuttgart in den letzten Jahren gestritten, gefreut oder geärgert hat, am Ende ging es meistens immer irgendwie auch um: PLATZ. Stuttgart hat wenig von diesem Platz (hallo Kessellage), deshalb lohnt es sich immer wieder darüber nachzudenken. Sonst hat man am Ende ganz viele Plätze, die zwar da sind, aber ohne Leben. Oder wer hat Bock auf eine sterile Grütze wie den Pariser Platz? Siehste, eben.

Dass es auch anders geht, sieht man immer wieder. Dazu ein Beispiel aus unserer Hood: In direkter Nähe unserer Redaktion befindet sich das Hospitalviertel, das in den vergangenen Jahren einen Make-over verpasst bekam und siehe da: aus dem ehemaligen „Hinterhof“ der Theo-Heuss wurde ein beliebter Platz. Das Erfolgsrezept: keine Autos, dafür Sitzgelegenheiten (unter anderem die blauen „Wanderstühle“) sowie ein paar Bäume, Schatten und eine gute Gastronomie-Mischung ohne die allgegenwärtigen Ketten. Jetzt tummelt sich hier tagsüber eine bunte Mischung aus Schülern, Business-Leuten und Skatern, die allesamt den neu gewonnenen Raum auf ihre Weise mit Leben füllen. Geht also, oder? Nun ja.

Dass in einer bereits verdichteten und nicht erweiterbaren Stadt wie Stuttgart der vorhandene Platz anders verteilt werden muss, sollte somit klar sein. Und dann muss man sich eben ganz viele Fragen stellen: Wie viele Parkplätze und Tempel großer Marken brauchen wir in der Stadt? Kann eine Mobilitätswende gelingen, wenn das Angebot vom ÖPNV immer noch nicht flächendeckend ist? Und was kann man tun, um noch mehr Leute zu car2go, Call a bike, stella-sharing, Stadtmobil und Co zu bekommen? Und wo bekommen wir dieses rare Gut PLATZ her?

Vielleicht lohnt es sich dazu, einen Blick auf Flächen zu werfen, die einem vielleicht primär gar nicht in den Sinn für eine Nutzung kommen: Was man zum Beispiel alles mit Verkehrsinseln machen kann, zeigen unter anderem der Kölner Michael Kiefer mit seiner „Autonomen Bananenrepublik“ oder die Kreativen vom Stuttgarter Atelier Kaiser Shen in Ludwigsburg. In Köln entstand so eine anarchische Oase mit Bananenstauden, die von Ehrenamtlern gepflegt wird und letztes Jahr den Social Design Award gewinnen konnte, während in Ludwigsburg mitten auf einer Kreuzung der B27 ein spannendes Mikrohofhaus inklusive Garten und Brunnen entstand. Das ist zwar sicherlich keine dolle Hood, aber überraschenderweise besser als gedacht (wovon man sich auch selbst vor Ort überzeugen kann).

Einen ähnlichen Weg gingen die Macher der Parklets: Mit vielfältigen Ideen zur Nutzung von Parkflächen haben sie den einen oder anderen Autofahrer erzürnt, der sich um einen Parkplatz betrogen sah, gleichzeitig aber vielfältige Orte der Begegnung geschaffen.

Und wenn man gleich einen ganzen Parkplatz umwidmet, kann man noch schönere Sachen machen – siehe da am Österreichischen Platz. Direkt am Gerber ist jetzt für dieses zweijährigen Experimentierfeld die kreative Energie der Stadtlücken-Crew gefragt, welche die Fläche seit Kurzem mit wechselnden Nutzungen und Aktionen bespielt. Die ersten Aktionen wie z.B. ein Sommerkino oder die Tinyhouse Design School klingen jedenfalls schon mal sehr vielversprechend. Und die Foto-Ausstellung „Fumes and Perfumes“, die zum bereits fünften Mal im Züblin-Parkhaus stattfindet und die Werke toller Fotografen ins Parkhaus bringt, ist ein weiterer Ansatz, öffentlichen Raum zu erschließen.

Neben einer guten Idee braucht es aber auch mutige und anpackende Macher, die sie umsetzen – so wie bei Hannes Steim und dem Fluxus oder anfangs temporären Clubprojekten wie dem Rocker33, das eine zeitlang einer der Leuchttürme der Stuttgarter Szene war. Da bekommt die Redewendung „das Herz am rechten Fleck“ eine ganz neue Bedeutung: Mit Herzblut und einer guten Idee am richtigen Platz kann Großes entstehen.

Doch damit nicht genug: Dazu gehört auch die großzügige Auslegung von Vorschriften bei der Verwaltung (unter anderem die unsinnigen Parkplatz-Vorgaben für Gastronomieflächen!), Unterstützung von der Stadt und Hilfe bei der Beantragung von Fördergeldern aus den vielen gutgemeinten Fördermitteltöpfen, die jedoch aufgrund mangelnder Bekanntheit und komplizierter Verfahren oftmals gar nicht ausgeschöpft werden. Auch hier könnte eine kluge und bürgernahe Stadtentwicklung ansetzen.

Wenn wir also das Potential der Stadt und seiner Bewohner entfalten wollen, brauchen wir gute, nein, bessere Ideen, Mut bei allen Beteiligten – und den nötigen PLATZ. In diesem Sinne: auf die Plätze, fertig, los!

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