Interview

Coup im Interview

Wochenlang ließen Haftbefehl und Xatar nichts von sich hören. Facebook, Instagram alle Accounts schienen verschwunden und Gerüchte über eine Kollaboration der beiden Gangsta-Rapper verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Jetzt ist es endlich soweit und das Duo enthüllt unter dem Namen „Coup“ sein Debüt-Album
Der Holland Job“. Die Platte führt zusammen, was zusammen gehört: Es gibt schließlich kaum andere Künstler, die authentischer über ihre kriminelle Vergangenheit rappen können, als der Offenbacher Haftbefehl und Xatar aus Bonn. So liefert Coup mit „Holland Job“ nicht nur die heiß erwartete, erste gemeinsame Platte, sondern gleichzeitig das Gesprächsthema schlechthin des diesjährigen Deutschrap-Sommers. Wir haben mit den beiden Rappern über die Entstehung ihres Albums, den gleichnamigen Kurzfilm und die Notwendigkeit von guten Hähnchenspießen geredet.

Wann habt ihr angefangen über eine weitere Kollaboration nachzudenken und wie kam es dazu, dass ihr gleich für ein ganzes Album zusammen gearbeitet habt?

Haftbefehl: Das hat schon 2008 angefangen, als wir uns kennengelernt haben. Aber dann war Giwar (Xatars bürgerlicher Name – Anm. d. Redaktion) ja erstmal im Knast, was ihn nicht davon abgehalten hat Songs aufzunehmen – er war ja auf meiner Platte und ich auch auf seiner. Ich arbeite sehr gerne mit Giwar zusammen und ich glaube er auch gerne mit mir.

Xatar: Ja, das stimmt ich arbeite auch gern mit Haftbefehl. Wir rappen gerne über Crack.

Eure Kollaboration hat ja schon vor offizieller Ankündigung für große Aufmerksamkeit gesorgt, als ihr aus angeblichen „Stressgründen“ superschnell die Show von Enissa Amani verlassen habt. Warum die Geheimniskrämerei um das Album?

H: Es gab nicht wirklich viel Geheimniskrämerei. Wir sind einfach rausgegangen. Die Sache war, dass wir zu dem Zeitpunkt die Möglichkeit hatten eine aufwendigere, internationale Videoproduktion aufzuziehen. Deswegen haben wir das gemacht, damit wir dann einfach für zwei Monate unsere Ruhe haben, um komplett abzuschalten und unseren Kurzfilm zu drehen.

Wie kamt ihr eigentlich zur der Idee mit dem passenden Kurzfilm zum Album?

H: Also wir wollten einfach was machen, was es vorher nicht gab. Und Videos sind ja eh unser Ding, da dachten wir, wir machen einfach richtig einen drauf und machen von der Qualität einfach was, was vorher nicht da war. Das hat sich dann so ergeben.

War das beim Dreh anders als bei Musikvideos? Habt ihr witzige Stories vom Set?

H: Ja absolut. Wir haben ja an einem Hollywood-Set gedreht hier in Europa und hatten da eine 200-Mann-Crew – allein das kannten wir so nicht. Und der Standard der Professionalität war einfach viel höher als das, was wir so aus Deutschland kannten. Es werden auf jeden Fall auch ein paar Making-of-Szenen rauskommen, wo dann die lustigen Stories drauf sind.

Im Interview mit Juice habt ihr gesagt, dass dieses Album ein bisschen heller und leichter wird. Kam der Stimmungswechsel ganz natürlich durch die Zusammenarbeit oder war das eine bewusste Entscheidung?

H: Also das sind ja jetzt keine Popsongs drauf. Aber das Ding ist, mein letztes Mixtape war sehr düster und von Giwar kamen auch Sachen mit düsteren Beats. Wir sind diesmal anders an das Album heran gegangen – haben eben probiert Hits zu machen und deshalb klingt das jetzt so.

Wie lief denn die Zusammenarbeit zwischen euch bei der Produktion?

H: Ja also Giwar hat zweimal auf mich geschossen und ich hab ihn dreimal angestochen. Nee, Schwachsinn, er war in Frankfurt bei mir zu Besuch und da ist dann in drei Monaten das Album entstanden. Von meiner Seite aus war’s auf jeden Fall sehr angenehm mit ihm zu arbeiten.

Und von der anderen Seite aus?

H: Ich glaube nicht so … Nee da kannst du selber mal antworten.

X: Es war auf jeden Fall auch von meiner Seite aus angenehm, aber komplizierter als ich das bisher kannte. Aber dafür ist das Ergebnis und die Kunst, die aus dem Herrn Haftbefehl rauskommt auch einmalig.

Auf welchen Track von „Holland Job“ seid ihr besonders stolz?

X: Ich glaub das ist verschieden – Ich feier’ auf jeden Fall „Kanack“ sehr krass und „Ich zahle gar nix“ und „Gib ma her“.

H: Ich feier’ auch „Ich zahle gar nix“, „Kanack“, das Intro ist auch sehr gut. Was denn noch? Da sind viele Songs, die geil sind. Aber immer wenn ich ein Album fertig mache, hab ich ‘nen Lieblingssong: diesmal hab ich zwei und das sind „Ich zahle gar nix“ und „Kanack“. Aber die komplette Platte ist geil.

Coup_2016_3_photocredit_by_Mo-Gaff

Habt ihr denn auch eine Lieblingsline? Eine eigene oder gegenseitige?

X: Meine Lieblingsline von Haftbefehl ist „Ich hab dein Scheiß’ gehört und er hat mich genervt / Leg ma weg das Mikro oder gib ma her.“ Das fand ich sehr, sehr deep auch wenn es vielleicht oberflächlich klingt.

H: Meine Lieblingsline von Giwar ist „Träum du mal / ich streu dual.“ Das war einfach on point und sehr, sehr nice.

Was hat euch zur Themenauswahl für Holland-Job inspiriert? Habt ihr das Gefühl, dass ihr euch ihr durch die Kollaboration für andere Inhalte entschieden habt?

H: Also wir haben uns jetzt keine Filme oder so angeschaut und gesagt wir wollen da auf Musikebene was drüber machen. Sondern wir sind eigentlich aus unserer Vergangenheit inspiriert und deswegen brauchen wir uns da nichts anzugucken, das kommt einfach von Herzen.

Gab es für die Produktion des Albums einen kreativen Rückzugsort? Hat das Label vielleicht einen Kurztrip nach Holland spendiert?

H: Also was mich sehr kreativ bewegt hat, was mir sehr viel Inspiration gegeben hat, war der Vorschuss vom Label. Der hat uns kreativ auf jeden Fall sehr geöffnet und viel dazu beigetragen. Davon kann man sich dann nicht nur Urlaub in Holland leisten.

Eigentlich wolltet ihr auf dem Album ja nicht politisch werden, was aber bei der Single „AFD“ schon der Fall ist. Wie kam es, dass ihr euch bei diesem Track anders entschieden habt?

H: Also Xatar und ich haben eigentlich auf jedem Album gern auch mal ‘ne politische Line, weil wir auch was dazu sagen wollen was so auf der Welt abgeht. Und ja das sagen wir halt auf Songs. Wir haben uns für den Song entschieden, weil Flüchtlinge ja ein sehr großes Thema sind hier in Deutschland und wir dazu eben unseren Fans mal unsere Meinung mitteilen wollten. Und das Ding ist ja auch, dass Giwar selbst politisch nach Deutschland geflohen ist damals und bei meinem Vater war das auch der Fall. Wir sehen uns da auch ein bisschen selbst drin, wenn wir sehen wie die Flüchtlinge durch die Medien runtergemacht werden, das trifft uns auch ein bisschen, das waren ja wir vor zwanzig, dreißig Jahren. Wir wollten einfach unsere Meinung mal dazu sagen.

Welche Künstler hört ihr denn gerade gern? Könnt ihr im Moment was Neues aus dem Straßenrap-Genre empfehlen?

H: Also das letzte geile Ding, das ich gehört hab war von SSIO, das war richtig nice und das sage ich jetzt nicht nur weil der Giwar hier neben mir sitzt und mir die Pistole an den Kopf hält. Wir feiern die Sachen aus unseren Kreisen auf jeden Fall. Und außerhalb von unserem Camp feiern wir Yung Hurn gerade ganz doll.

Wie beurteilt ihr allgemein gerade die Lage im Deutschrap?

X: Allgemein find ich’s gut, dass Deutschrap seit ein paar Jahren auch wirtschaftlich wieder funktioniert. Dass es auch breiter gefächert ist feier’ ich auf jeden Fall, eben auch mit Leuten wie Yung Hurn. Aber auch sonst gibt’s auf jeden Fall viel mehr gute Sachen, als noch vor zehn Jahren. Ich glaub wir haben hier auf jeden Fall das dickste Rap-Game in ganz Europa und es ist auf jeden Fall geil ein guter Teil davon zu sein – oder der dreckige Teil davon.

Wovon braucht die Welt mehr?

H: Munition und Bücher. Die kauft man und schickt die in Kriegsgebiete.

Und von was weniger?

H: Hurensöhne. Nein Spaß, jetzt lass uns mal ehrlich sein. Also wovon die Welt weniger braucht sind auf jeden Fall Wirtschaftslobbyisten, die uns alles ficken. Und wovon wir mehr brauchen sind gute Hähnchenspieße und gute Friseure.

Zuletzt ein kurzer Blick in die Zukunft: Ist der Holland-Job erstmal beendet oder kommt da womöglich noch was?

H: Nein, „Holland Job“ war erst der Anfang. Der nächste Teil wird wahrscheinlich „Der Pakistan Job“ heißen und wir freuen uns schon sehr drauf.

Wann können wir denn mit „Pakistan Job“ rechnen?

H: Also wir machen jetzt auf jeden Fall erstmal unsere Soloalben und danach, so Gott will, wenn wir noch leben, soll es den „Pakistan Job“ geben.

 

 

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„Der Holland Job“ erscheint am 12. August 2016.

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Bilder: © Mo Gaff

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