Als Bezirksvorsteher von Degerloch setzt sich Colyn Heinze seit 2023 für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, kulturelle Vielfalt und eine lebendige Stadtentwicklung ein. Der gebürtige Stuttgarter studierte an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg und sammelte Erfahrungen im Amt für Stadtplanung und Wohnen sowie als stellvertretender Bezirksvorsteher in Vaihingen. Neben der Politik engagiert er sich für die Kulturszene – unter anderem mit der Kinoreihe Cinema Futuro und als Teil des Kreativtreffs Hotel Central. In der aktuellen Sonderausstellung „PROTEST! Von der Wut zur Bewegung“ im Landesmuseum Württemberg hat Colyn mit uns über seine Sicht auf Protest, seine politische Haltung und warum ihm gesellschaftlicher Zusammenhalt so wichtig ist gesprochen:
Welche Station hat dich besonders beeindruckt?
Es gab einige Highlights, aber vor allem die immersive Protest-Inszenierung hat mich mitgenommen. Man taucht mitten in Protestbewegungen der jüngeren Geschichte ein, die wir vielleicht nicht selbst miterlebt haben, aber von unseren Eltern oder aus den Medien kennen. Die Gestaltung hat mich direkt reingezogen – man fühlt sich kurz so, als wäre man Teil einer Demonstration.
Was hat dich am meisten überrascht?
Die Ausstellung ist viel kompakter, als ich erwartet hatte. Man kann sie entspannt an einem Samstagnachmittag besuchen, aber genauso gut zwei bis drei Stunden darin verbringen. Die Inszenierung ist sehr niederschwellig und auf Augenhöhe gestaltet – man wird von einer Station zur nächsten geleitet, ohne dass es sich belehrend anfühlt.
Welcher Teil der Ausstellung hat dir am meisten Spaß gemacht?
Ich bin eher ein Fan davon, wenn Ausstellungen auch mal weh tun – wenn sie einen zum Nachdenken bringen. Aber ich gebe zu, dass die Station mit dem Baseballschläger, an der man ordentlich draufhauen kann, durchaus ein Highlight ist. Gerade nach einer harten Woche kann das durchaus therapeutisch sein!
Wie würdest du die Ausstellung in drei Worten beschreiben?
Interaktiv, mitreißend, gedankenanregend.
Was macht dich persönlich wütend?
Wenn Leute offensichtlichen Quatsch erzählen und nicht bereit sind, das einzusehen. Wenn sich Menschen auf Meinungsfreiheit berufen, aber selbst nicht kritikfähig sind. Und ehrlich gesagt auch, wenn innerhalb von drei Monaten die zehnte neapolitanische Pizzeria in der Stuttgarter Innenstadt aufmacht. Trends können manchmal echt nerven.
Hast du selbst schon mal aus Wut etwas zerstört?
Wenn, dann liegt das lange zurück – vielleicht in meiner Teenagerzeit mal einen PlayStation-Controller. Aber grundsätzlich bin ich eher jemand, der Konflikte moderiert, statt auszurasten. Die Ausstellung zeigt ja auch gut, ab wann Menschen bereit sind, in ihrem Protest eine neue Eskalationsstufe zu erreichen.
Wofür würdest du auf die Straße gehen?
Mir ist gesellschaftlicher Zusammenhalt besonders wichtig. Durch soziale Medien und die vielen Krisen unserer Zeit entstehen immer mehr Parallelwelten, die wenig miteinander zu tun haben. Ich finde, wir müssen diese Bubbles crashen und wieder stärker ins Gespräch kommen. Natürlich setze ich mich in meiner politischen Arbeit für viele konkrete Themen ein, aber das große Ganze ist mir wichtiger als einzelne Schlagworte.
Hast du schon mal an Protesten teilgenommen?
Ich bin kein regelmäßiger Demo-Gänger, aber ich war zum Beispiel oft bei „Pulse of Europe“ dabei. Als der Krieg gegen die Ukraine begonnen hat, habe ich eine eigene Demonstration organisiert. Trotzdem sehe ich mich eher als jemanden, der auf direktem Weg Dinge verändern will – Demonstrationen sind ein wichtiges Mittel, aber langfristig braucht es auch strukturelle Arbeit.
Gibt es jemanden, den oder die du für seinen oder ihren Protest bewunderst?
Vor allem Menschen, die selbstlos ihre Grenzen überschritten haben – und dabei alles riskierten. Widerstandskämpfer:innen wie Georg Elser, die Weiße Rose oder Dietrich Bonhoeffer beeindrucken mich. Sie konnten nicht einfach auf die Straße gehen, sondern mussten härtere Wege finden, um gegen Unrecht vorzugehen. Diese historischen Beispiele zeigen uns, wie privilegiert wir heute sind, in einem Staat zu leben, in dem Meinungsfreiheit existiert.
Glaubst du, dass Protest etwas verändern kann?
Ja, absolut. Die Geschichte zeigt das immer wieder – ob Martin Luther, Gandhi oder Martin Luther King. Ich denke aber, dass heutige Proteste oft weniger klare Ziele haben als früher. Bürgerrechte und Frieden waren damals klar umrissene Forderungen. Heute müssen wir uns bewusster machen, welche langfristigen Ziele wir verfolgen wollen, damit Protest wirklich Wirkung entfalten kann.
Was wünschst du dir für Stuttgarts Zukunft?
Eine entspanntere Diskussionskultur, in der man dem politischen Gegenüber auch nach einer Auseinandersetzung noch in die Augen schauen kann. Ich wünsche mir, dass Stuttgart selbstbewusster mit seinen Qualitäten umgeht. Wir haben eine unglaublich diverse Stadt mit einer krassen Geschichte – von Tüftler:innen über Denker:innen bis hin zu kulturellen Impulsgeber:innen. Leider bremsen wir uns manchmal selbst aus. Vielleicht sollten wir auch mal gegen zu viel Bürokratie auf die Straße gehen!
Info: „PROTEST! Von der Wut zur Bewegung“
Landesmuseum Württemberg
bis zum 04.05.25
landesmuseum-stuttgart.de/ausstellungen/protest
*Diese Contentreihe ist in Kooperation mit dem Landesmuseum Württemberg entstanden / sponsored content
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