Interview

Serienstart: Outcast
Philip Glenister im Interview

Nach dem Riesenerfolg von „The Walking Dead“ und „Fear the Walking Dead“ zaubert Comicautor Robert Kirkman eine neue Horrorserie auf die Bildschirme. Zart besaitete Zuschauer seien gewarnt: „Outcast“ ist, so Kirkman selbst, noch gruseliger und weitaus verstörender als die Zombievorgänger. Die Serie dreht sich um die Geschichte von Kyle Barnes (Patrick Fugit), dessen Leben schon lange von dämonischer Besessenheit geprägt zu sein scheint. Ihm zur Seite steht bei der Jagd nach dem Übersinnlichen der Reverend Anderson, gespielt von Philip Glenister. Vor seinem Besuch auf der Comic Con Germany haben wir mit dem Briten über die Dämonen des Reverends, Spoiler am Set und blutige Szenen gesprochen …

Hat dich das Horrorgenre auch schon vor den Dreharbeiten zu „Outcast“ fasziniert?

Nicht wirklich. Ich hatte keinen richtigen Bezug zum Horrorgenre. Zwar habe ich mich als ich noch jünger war bei „Der Exorzist“ und „Das Omen“ ziemlich gegruselt, aber ich bin eher mit dieser ziemlich übertriebenen Serie „The Hammer House of Horror“ aufgewachsen, bei der Christopher Lee noch Dracula gespielt hat. Als ich für die Rolle in Frage kam, wusste ich einfach, dass es das neue Projekt von Robert Kirkman war und deshalb sicherlich Potenzial hat. Als ich dann erfuhr, dass es um dämonische Besessenheit ging, dachte ich mir: Okay los geht’s – könnte lustig werden! Ich hatte nur Teile des Skripts gelesen, aber fand es wirklich sehr gut und klar geschrieben. Mich hat die Qualität des Textmaterials überzeugt, nicht das Genre.

Die Serie basiert neben den „echten“ Dämonen auch auf den solchen, die wir im Innersten tragen. Während der Reverend Anderson zwar fleißig Exorzismen durchführt, hat auf der anderen Seite auch er selbst mit seinen inneren Schwächen zu kämpfen. Um welche handelt es sich da?

Ohje, wo soll ich da anfangen – er hat so viele Schwächen. Man wird in der Serie noch einige entdecken, aber ich denke in erster Linie ist er ein Mann, der lange ignoriert hat wie gebrochen er eigentlich ist. Er sieht sich als Soldat Gottes, musste dafür aber seine Familie aufgeben – das kann ich persönlich nicht nachvollziehen. Diese Komplexität macht ihn für mich als Schauspieler so interessant zu spielen, da er einfach sehr faszinierend ist. In den ersten Folgen gibt es auch einige Momente, in denen seine Stimmungsschwankungen vermuten lassen, dass hinter dem anständigen Mann Gottes noch Einiges steckt. Das Großartige an der Serie ist auch, dass die Comicbücher ja noch gar nicht fertig sind, also wissen wir selbst nicht, wo es hingeht und tappen im Dunkeln. Unser Showrunner Chris Black hat mich gefragt, ob ich wissen möchte was nächste Staffel passiert – aber das wollte ich auf keinen Fall. Wahrscheinlich hätte er es mir sowieso nicht erzählt (lacht).

Also keine Spoiler? Nicht mal für das Team?

Nein, das ist eigentlich ganz nett. So bekommt man beim Spielen eine Art Spontaneität und kann seine Entscheidungen sehr schnell und natürlich treffen.

Ist es eher die Liebe zu oder die Furcht vor Gott, die deine Figur dazu motiviert den Kampf gegen die Dämonen aufzunehmen?

Ich denke es ist ein wenig von beidem. Es ist vor allem die Angst, so sehr an Gott zu glauben, dass – sollte sich herausstellen, dass es ihn möglicherweise gar nicht gibt – seine Bemühungen, seine Aufopferung und sein ganzen Leben umsonst waren. Als Pfarrer seiner Gemeinde ist er die ultimative moralische Richtschnur und wo soll er noch hin, wenn seine Werte sich als nichtig herausstellen? Da alle zu ihm aufschauen, kann er sich nur nach Gott richten und wenn er nicht mehr an Gott glaubt, was passiert dann? Er befindet sich kurz vor einem Zusammenbruch und weiß nicht recht, was er tun soll.

Du hast in anderen Interviews erwähnt, dass du dem Reverend nicht wirklich ähnelst. Gibt es dennoch ein paar Gemeinsamkeiten, die dir geholfen haben, in die Rolle zu finden?

Ich finde es gut, dass er gewisse Laster hat, sonst wäre er als Pfarrer wahrscheinlich eine sehr langweilige und eindimensionale Figur. Aber er hat so viele Schichten, die ich als Schauspieler dankend annehmen kann. Ob ich diese mit ihm teile weiß ich ehrlich gesagt nicht, so etwas erkennt man wohl mit der Zeit. Mir kommt da nichts Besonderes in den Sinn: Ich zocke nicht, aber klar nehme auch ich gern einen Drink zu mir und statt zu rauchen vape ich jetzt. Es gibt da eine Szene, in welcher der Reverend über Vapen spricht und ich fände es lustig zu sehen, ob er in Staffel zwei den Umstieg schafft (lacht).

Das Horrorgenre scheint mit Kleinstädten als Schauplatz sehr fasziniert zu sein. Was kannst du uns zur fiktiven Stadt Rome aus „Outcast“ erzählen? Welche Rolle spielt der Reverend dort?

Ich denke Rome ist selbst eine Figur in der Serie. Solche Kleinstädte haben etwas sehr Interessantes an sich, ob sie nun in Amerika, Deutschland oder England liegen: Jeder scheint immer zu wissen, was in deinem Leben passiert. Es ist eine Gemeinschaft, die oft vom Rest der Welt abgeschnitten ist und sich auf traditionelle Rollen wie den Prediger, den Polizeichef und den Bürgermeister stützt. Der Reverend ist dabei natürlich der moralische Kompass – spielt aber betrunken Kartenspiele mit den anderen beiden im Hinterraum der Kirche. Das finde ich toll, es macht ihn menschlicher (lacht).

Outcast Pilot 101

„Outcast“ scheint das Genre des Exorzismus-Horrors auf eine sehr viel komplexere Ebene zu holen. Kannst du uns etwas zu den mythologischen Hintergründen der Serie erzählen?

Das kann ich tatsächlich nicht wirklich beantworten, da wir es selbst noch herausfinden müssen (lacht). Es gibt da zwar diese dunklen Mächte, nur wir Schauspieler wissen immer noch nicht ganz, woher die nun kommen. Aber zum Beispiel die Figur Sydney (gespielt von Star-Trek-Veteran Brent Spiner. – Anm. der Redaktion) ist ein erheblicher Katalysator in dieser Hinsicht. Immer wieder werden die verschieden Figuren und Handlungstränge ganz langsam miteinander verwoben, um sich zu entwickeln – das liebe ich an „Outcast“. Unser Post-Produktionsteam leistet bei der Verknüpfung auch wirklich tolle Arbeit. Was ich sagen kann ist, dass Kirkman und sein Autorenteam einen wirklich mit auf eine clevere Reise voller unerwarteter Entscheidungen nehmen, die Geschichte wird sich also niemals vorhersehbar anfühlen.

Robert Kirkman hat ja nicht nur die Serie geschaffen, sondern verfasst auch die dazugehörigen Comics. Gab es einen spürbaren Unterschied in seinem Einfluss während der Dreharbeiten?

Nicht wirklich. Robert war sehr involviert während der Pilotfolge, aber das Tolle an ihm ist einfach, dass er kein Egomane ist. (Im Südstaatenakzent:) Er kommt aus Kentucky, ist also ein guter alter Südstaaten Junge (lacht). Er weiß einfach, wo seine Stärken liegen und die anderer Leute. Er steht lieber einfach auf und sagt, dass er sich bei Comics besser auskennt, statt wütend auf den Tisch zu hauen, wenn jemand etwas falsch sagt. Das Schauspielern, Schreiben, Produzieren und Drehen überlässt er dann lieber den jeweiligen Experten. Ein sehr erfrischender Ansatz. Für eine Weile dachte ich sogar, dass er die Serie hasst – weil er einfach kaum am Set war (lacht). Tatsächlich hat er aber einfach unheimlich viel zu tun.

Outcast Pilot 101

Direkt in der ersten Folge „Dämonen der Vergangenheit“ werden Zuschauer mit ziemlich brutaler Gewalt gegen ein junges Kind konfrontiert. Ein Tabu, dass in Film und Fernsehen noch als recht ungebrochen gilt. Welche Aussage wolltet ihr mit diesen Szenen machen?

Ich denke nicht, dass es eine konkrete Aussage war. Diese Szenen waren im Comic, also wurden wir davon geleitet. Natürlich gibt es sehr heftige Szenen, daran besteht kein Zweifel, aber ich hatte nie das Gefühl, dass sie nur um der Gewalt und des Schreckens willen waren. Ich finde, man sieht das sehr deutlich in der allerersten Szene mit Joshua – sie gibt den Ton an für den Rest der Serie und macht deutlich: Leute, wenn euch das jetzt nicht gefallen hat, dann schaltet lieber weg. Die Serie entschuldigt sich nicht und das bewundere ich. Außerdem sorgen unsere talentierten Autoren immer dafür, dass die Szenen nicht dem grundlosen Schrecken dienen, sondern für den Zuschauer wirklich beunruhigend sind. Unser Team weiß, wie weit es mit solchen Sachen gehen kann – wenn die Gewalt keine Begründung in der Geschichte hat, wird sie nicht gedreht. Ich möchte hier auch betonen, dass der junge Gabriel, ein extrem talentierter Schauspieler (in der Rolle des besessenen Jungen Joshua – Anm. d. Redaktion), natürlich ein hervorragendes Stuntdouble hatte und sich während der gefährlichen Szenen meist irgendwo mit Spielsachen vergnügen durfte.

„Outcast“ hat als erstes Seriendrama seine Premiere weltweit über Facebook Live ausgestrahlt. Denkst du, dass sich dadurch die Reaktion der Fans verändert hat?

Nun ja „Outcast“ hatte ja, wegen Robert Kirkman als Macher, bereits zu Beginn eine gewisse Fanbase. Das bringt natürlich auch einige Erwartungen mit sich, vor allem da sich „Outcast“ in vielen Dingen von „The Walking Dead“ unterscheidet. Was die Reaktion der Fans angeht, muss ich zugeben, dass ich nicht viele Kritiken lese. Ich mache einfach meinen Job und lebe mein Leben weiter. Wenn wir Leute unterhalten und die Fans glücklich machen können ist das natürlich schön. Tatsächlich mag ich das Promoten der Serie auf den Comic-Cons sehr, dort finde ich die Fanreaktionen schon unheimlich faszinierend. Diese Veranstaltungen sind sehr außergewöhnlich, die Hingabe der Fans gegenüber ihren Lieblingsserien ist wirklich unglaublich. Ich freue mich schon darauf zu sehen, wie es dieses Jahr weitergeht – jetzt können wir den Comic-Con-Gängern ja auch etwas vorzeigen.

outcast_glenister_cc_web


„Outcast“ läuft seit dem 06. Juni auf Fox jeden Montag um 21 Uhr. Alle Episoden sind im Anschluss an die Ausstrahlung auch auf Sky Go, Sky on Demand und Sky Online verfügbar.

Bilder: © Fox Networks Group

Das koennte dir gefallen…

Keine Kommentare

Kommentar schreiben