News-Archiv

Beatsteaks im Interview

Wenn man seine Karriere als Vorband der Sex Pistols beginnt, kann der Weg ja eigentlich nur noch in den Rock-Olymp führen – so geschehen bei den Beatsteaks. Vom Nachwuchs-Contest über die ersten selbst aufgenommenen Songs bis hin zu Mitgröhl-Hits wie „Hand in Hand“ oder „Hello Joe“ rocken die Berliner jetzt schon seit bald zwei Jahrzehnten äußerst erfolgreich die Bühne. Dem neuen Album, das die Fünf schlicht „Beatsteaks“ getauft haben, hört man die vergangene Zeit durchaus an – die Songs sind erwachsener, aber auch vielseitiger geworden. Die typische Handschrift der Band bleibt aber auch beim mittlerweile siebten Studioalbum erhalten. Wir haben uns mit Gründungsmitglied, Gitarrist, Keyboarder und Sänger Peter über die aktuelle Platte, die letzten Jahre und natürlich die anstehende Tour unterhalten.

Von wem stammt die Idee zum „Gentleman of the Year“-Video?
Das ist zusammen mit dem Regisseur Sander [Houtkruijer] entstanden, aber die Idee kommt Tatsache von Arnim, weil Arnim und Thorsten öfter mal auflegen und da mal ein Typ war, der ähnlich aussah wie Arnim im Video. Der hat sich ständig „Hammerhart“ gewünscht und die beiden wollten es erst nicht spielen, haben’s aber dann irgendwann doch gemacht und bis auf ihn war niemand auf der Tanzfläche, aber das war ihm völlig egal. Das fanden die beiden so beeindruckend, dass es direkt die Idee fürs Video war.

Mit elf Tracks und etwas über einer halben Stunde Spielzeit ist das Album eher „kurz & knackig“. Habt ihr das bewusst so gehalten?
Wir haben einfach die besten Lieder, die wir eingespielt haben, direkt genommen. So zwei, drei Songs sind runter gefallen, aber wir haben uns die besten ausgesucht, die zusammengepasst und in der Reihenfolge irgendwie ein Album ergeben haben.

Ich habe gelesen, dass ihr das Album in nur wenigen Wochen aufgenommen habt und es insofern eher eine Art „Momentaufnahme“ ist. Wie lief das im Studio bei euch ab?
In dem Studio, in dem wir die Musik eingespielt haben, waren wir nur elf Tage oder so plus zehn Tage Gesang im Proberaum und das war’s schon. Das ging dieses Mal sehr schnell, wir wollten auch mit Absicht die Sachen nicht zu lange überdenken sondern wenn sich was gut anfühlt einfach den Aufnahmeknopf drücken und wenn es danach immer noch gut klingt, dann ist es so wie’s ist. Bei „Boombox“ waren wir fast ein Jahr im Proberaum und haben noch mal produziert und noch mal und am Ende ist es auch irgendwo nur Musik. Wenn es fertig ist für uns, dann ist es fertig, aber wir wollten nicht mehr so viel Zeit damit verbringen – manchmal verschlimmbessert man sich auch einfach nur.

Gibt es bei euch eine feste Aufgabenaufteilung innerhalb der Band?
Im besten Fall spielt jeder sein Instrument. Wir haben uns dieses Mal auch versucht zurückzuhalten, es gab keine Ansage außer „Das Lied ist der Star“. Wir haben uns sehr gut vorbereitet und waren gut eingespielt, aber es hat keiner am Ende noch mal in seine Spur reingehört und gemeint „oh, das hätte ich aber noch mal verbessern können“. Wir wollten unbedingt dieses Polaroid, diese Momentaufnahme von dem Lied so haben, wie es raus kam. Ob es dann gut ist oder nicht, sieht man an den Gesichtern danach.

Weißt du noch, bei welchem Song ihr euch als erstes sicher wart, dass er aufs Album kommt?
Ich glaube, das war bei „Make A Wish“. Das war auch der erste Song, bei dem wir uns bandmäßig zusammengerauft haben. Jeder bringt ja ein paar Demos mit und die spielen wir uns gegenseitig im Proberaum vor und dann entscheiden wir zusammen, worauf wir Lust haben und so wird aus der Ein-Personen-Demo ein Band-Lied. Manchmal wird’s dann ganz anders, manchmal bleibt es fast so und so entstehen unsere Sachen im Endeffekt ohne große Umwege.

Seit dem letzten Album sind drei Jahre vergangen, was sicherlich auch mit dem Unfall eures Drummers Thomas zusammenhängt. Was hat sich nach diesem Vorfall verändert?
Es hat sich sicherlich was verändert, aber eigentlich nur zum Positiven: Uns wurde ganz schnell klar gemacht, dass das alles auch ein Ende haben kann. Wir haben dadurch gelernt, unsinnige Streits und solchen Quatsch wegzulassen und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Wir waren so froh, Thomas wieder trommeln zu sehen, dass wir uns so gut wie gar nicht mehr gestritten haben. Wir haben zwar nicht großartig darüber geredet, mit Thomas sowieso nicht, weil ihm das total unangenehm ist, so im Mittelpunkt zu stehen, aber es war für uns alle schon eine Lektion. Uns anderen hat es ein bisschen den Kopf gewaschen, weil man manchmal auch irgendwie alles für selbstverständlich nimmt und es eigentlich gar nicht so ist.

Von Punk über Rock, Alternative und Ska bis zu poppigen Melodien findet man verschiedene Stilarten auf eurem neuen Album, alles aber mit der typischen „Beatsteaks-Note“. Was geht für euch musikalisch gar nicht?
Wir sind eben nun einmal eine Rockband, wir haben drei Gitarren, einen Bass und ein Schlagzeug, von daher wird’s für uns schwierig, authentischen Techno zu machen. Aber so richtige Grenzen gibt es bei uns nicht wirklich, es muss uns eben gefallen.

Und was möchtet ihr unbedingt noch ausprobieren?
Erstmal sind alle Wünsche auf der Liste abgehakt, aber wenn man Musik hört, ob neue oder alte, bekommt man immer wieder neue Anstöße, was man verarbeiten kann. Man will natürlich nicht einfach nachspielen, sondern es muss ja auch einen Sinn erfüllen, sodass man abends beim Konzert auch Leute damit erfreut und sich nicht nur selber gut findet.

Als Kritik zum neuen Album hört man von vielen Fans, die Songs seien zu eingängig und kommerziell, „fürs Radio glattgebügelt“. Sind das für euch die typischen „früher war alles besser“-Fans oder nehmt ihr euch solche Äußerungen zu Herzen?
Diese Leute wird es auf jeden Fall immer geben und das ist auch nichts Neues, das war bisher bei eigentlich jeder Platte so. Wir sind eben nicht Pennywise – ohne es negativ zu meinen. Wir testen uns aus und alles andere wäre verlogen. Natürlich hoffen wir, dass es den Leuten gefällt, aber erstmal muss es uns gefallen. Das sieht 2014 natürlich anders aus als 1998, aber es ist genau so authentisch!

Ist die Bezeichnung „Pop/Rock“ für dich eine Beleidigung?
Wahrscheinlich nicht. Pop-Musik war früher mal verschrien, mittlerweile finde ich es nicht schlimm, „populäre Musik“ zu machen. Es gibt gute populäre Musik und schlechte populäre Musik und wir hoffen, dass wir noch auf der guten Seite sind. Wir haben keine Berührungsängste, aber Mainstream ist es ganz bestimmt nicht. Wenn mir damit jemand kommt frage ich mich immer, woher die das haben.

Wenn eure Musik der Soundtrack zu einem Film wäre, wovon würde er handeln?
Da passieren lauter unvorhergesehene Sachen, ein bisschen wie „Fargo“ wahrscheinlich. Da werden Leute umgebracht, aber es verlieben sich auch Leute, es nimmt immer eine Wendung, die man nicht vorhersehen konnte.

Ihr könnt mittlerweile auf fast 20 Jahre Bandgeschichte zurückblicken. Was war dein persönliches Highlight?
Als Berliner wohl die Wuhlheide zu bespielen – den Moment kann mir keiner mehr nehmen, das hat sich bei mir eingebrannt. Zwei Tage vorher hab ich da noch Rammstein spielen sehen und dachte mir ja klar, hier spielen so die richtig fetten, großen Bands und hab in dem Moment überhaupt nicht realisiert, dass wir eine Woche später auch dort auftreten werden.

Gibt es umgekehrt noch etwas, dass ihr auf jeden Fall noch erleben möchtet, bevor ihr in den Ruhestand geht?
Morgen ist für uns immer interessanter als gestern. Es gibt nicht dieses eine große Endziel, das noch in den Lebenslauf muss. Ein Konzert in einem kleinen Club kann genau so das Herz tuckern lassen wie auf einer Riesen-Bühne, das hängt nicht von der Größe ab. Alle Pläne haben sich meist sowieso als vergeblich erwiesen, wir schauen einfach, was auf uns zukommt.

Wollt ihr auch in 20 Jahren noch auf der Bühne stehen oder gibt es für euch eine Art „Verfallsdatum“?
Ich hoffe, dass man selbst mitkriegt, wann man nicht mehr relevant ist. Aber da müssten wir erst hinkommen. Wir haben auch nicht das Endziel, mit 70 auf der Bühne zu stehen, aber wir schauen einfach, wohin uns unser Schiffchen noch so treibt.

Zu Beginn eurer Karriere habt ihr teilweise noch auf Deutsch gesungen. Ist das heute für euch noch vorstellbar?
Wir wollen nicht so eine Band sein, die nur weil sie auch mal einen guten deutschen Song hatte jetzt auf jeder Platte so ein Quotenlied bringen muss – das muss kommen und vor allen Dingen muss ein Text her, bei dem wir sagen, das können wir so vertreten. Im Deutschen sind die Ohren immer gleich fünfmal größer, als wenn man Englisch singt. Vielleicht ergibt sich das noch, vielleicht auch nicht, aber der Wunsch ist schon da.

Seeed sind schon in einem eurer Videos aufgetreten und Peter Fox zeigt sich aktuell mit „Gentleman of the Year“-Shirt. Ist das einfach freundlicher Berliner Nachbarschafts-Support oder darf man auch mal auf ein gemeinsames musikalisches Projekt hoffen?
Musikalisch wäre schon schön! Also wir finden Seeed toll und ich glaube die mögen uns auch. Ich finde, wir haben einen ähnlichen Ansatz, wenn wir auf die Bühne gehen: Dieses es geht jetzt nur um den Abend und darum, dass die Leute, die zum Konzert gekommen sind, Spaß haben. Selbst wenn die Musik doch recht unterschiedlich ist, das verbindet uns und vielleicht kommen wir da ja mal zusammen.

Ihr habt vor allem auch einen Ruf als hervorragende Live-Band. Was erwartet die Fans bei euren anstehenden Shows?
Sie könne sehr aufgeregte Beatsteaks erwarten, die sich erstmal wieder rein finden müssen, aber es kaum noch erwarten können, wieder live zu spielen! Das ist ein bisschen wie beim Fußball, „Die Wahrheit liegt auf dem Platz“: Die können alle quatschen, wie sie wollen, das was zählt, ist der Abend mit den Leuten.

„Beatsteaks“ ist am 01.08.2014 erschienen

Mehr von Beatsteaks auf beatsteaks.comfb.com/beatsteaks

Das koennte dir gefallen…

Keine Kommentare

Kommentar schreiben