Manchen wird Franziska Ameli Schuster vielleicht als Teil des elektronischen Duos Ameli Paul bekannt sein. Mit ihrer Band Ameli in the Woods hat die preisgekrönte Jazzmusikerin am 19. Januar ihr Debütalbum „Throw My Fears In The River“ veröffentlicht, das gekonnt Jazz mit Elementen aus Indie, Psychedelic und Electronica verbindet. Wie der Titel schon verrät, widmet sich die Musikerin dabei insbesondere ihren Ängsten und hat uns im Interview verraten, was sie dabei besonders beschäftigt hat und wie es zu den Tracks kam. Am 21. Februar kann man sich Ameli in the Woods außerdem live im Bix ansehen!!
Wie sah der Entstehungsprozess zum Album aus?
Der erste Gedanke ans Album war schon 2018 im Kopf, als wir das erste Mal in Stuttgart – damals in einer Kirche – gespielt haben. Das Konzert war etwas ganz Besonderes: Die Kirche war randvoll und wir bekamen tolles Feedback. Ab diesem Zeitpunkt wollte ich ins Studio. Zwei Jahre später bekam ich den Landesjazzpreis und hatte damit endlich die finanzielle Möglichkeit, meinen Traum zu verwirklichen.
Im Juli 2020 sind Seba, Marvin, Daniel und ich dann drei Tage in die Alte Zigarrenfabrik in Sandhausen ins Studio und haben das Album eingespielt. Später habe ich die Vocals in meinem Kölner WG-Zimmer aufgenommen. Mit der Veröffentlichung hat es dann aber noch gedauert. Es war nicht der richtige Moment, es während Corona rauszubringen. Ich habe immer wieder gemerkt, dass es für mich etwas sehr Persönliches ist und mich immer wieder ein bisschen der Mut verlassen hat. „Ameli in the Woods“ ist mein Herzensprojekt. Ich schreibe die Songs und dieses am Klavier sitzen und singen ist seit meiner Kindheit mein persönlicher „Safe Space“ und mit dem Album sollte das nach draußen in die Öffentlichkeit! Irgendwie hat es seine Zeit gebraucht – aber jetzt ist, glaube ich, der richtige Zeitpunkt.
Du hattest in den letzten Jahren auch mit anderen Projekten einen sehr hohen musikalischen Output. Wie managst du das?
Mittlerweile spiele ich hauptsächlich mit Ameli Paul und Ameli in the Woods. Ich hab schon in vielen tollen Bands gespielt und es auch immer total genossen, mich in so unterschiedlichen Projekten auszutoben, zu singen und Musik zu machen. Aber manchmal muss man sich entscheiden. Gerade im Sommer habe ich manchmal vier, fünf Konzerte an einem Wochenende gespielt und dann auch gemerkt: Boah, das schaff’ ich nicht mehr und gehe kaputt, so sehr ich es auch liebe. Aber jetzt in Berlin bin ich in ganz unterschiedlichen Richtungen aktiv und mache zum Beispiel Musik fürs Theater, war letzten Sommer an der Deutschen Oper in Berlin und habe beim neuen Disney-Film in der deutschen Fassung das Eichhörnchen gesungen. Mich reizt es, in ganz unterschiedliche Sachen einzutauchen und ich versuche das immer noch zu integrieren.
Welcher Song vom Album war als Erstes fertig?
Ich glaube, das war „Heroine“, also der erste Track. Das war einer der Ersten, der einfach nichts mehr gebraucht hat. Aber mir fällt es extrem schwer, den Moment zu finden, in dem man sagt: Das ist jetzt fertig. Teilweise saß ich einfach nur in meinem Zimmer, um die Vocals aufzunehmen und habe weiß ich nicht wie viele Takes gemacht, weil immer dachte, es geht noch besser. Irgendwann konnte ich es auch nicht mehr anhören und habe einen Break gebraucht, um die Musik wieder richtig fühlen zu können. Während diesem ganzen Albumprozess habe ich mich auch krass selbst kennengelernt.
Wie entsteht ein Song bei dir?
Eigentlich immer am Klavier. Ich setz’ mich hin, spiele, improvisiere und klimpere Akkorde. Daraus entsteht ein Gefühl, eine Melodie und dann kommt der Text. Ich setz’ mich ans Klavier, wenn ich abschalten und runterkommen möchte. Wenn ich Glück habe, ist dann etwas dabei und ich nehme den Song als Sprachmemo mit in den Proberaum zu Marvin, Seba und Daniel, die es zu dem machen, wie es dann auch zu hören ist. Die Songstruktur kommt von mir und dann gibt quasi jeder noch seinen Senf dazu!
Wovon lässt du dich inspirieren?
Für das Album geht die Inspiration auf jeden Fall in Richtung Radiohead, Portishead, aber auch Alice Phoebe Lou oder Nicolas Jaar, Björk. Beth Gibbons, die Sängerin von Portishead, ist meine liebste Sängerin. Sehr authentisch und melancholisch, sie berührt mich einfach sehr. Es gab bei dem Album jetzt aber nicht eine genaue Anleitung, wie es klingen soll. Es kommen auf jeden Fall einige Genres zusammen und das ist auch das, was ich daran so liebe. Trip Hop, Psychedelica, Jazz, Pop, Electronica usw. Daniel, Seba und Marvin spielen da natürlich auch eine große Rolle, weil sie jeden Song mit ihrem ganz eigenen Sound bereichern. Eine wilde Verschmelzung von Einflüssen quasi. Ich glaube aber trotzdem, dass die Musik eingängig und einfach zu verstehen ist und auch Leute erreichen kann, die sonst vielleicht nicht so viel mit Jazz etc. zu tun haben.
Der Sound von Ameli in the woods ist sehr atmosphärisch. Zu welchem Film würdest du gerne mal den Soundtrack machen?
Also generell hätte ich richtig Bock, mal Filmmusik zu machen! Ich habe bisher ja schon ein paar Mal Theatermusik gemacht, das ging dann so in Richtung David-Lynch-Soundscape, aber Film reizt mich auch sehr. Vielleicht ein trippy Natur-Film mit viel Melancholie? Für mich ist Ameli in the Woods schon eine Traumwelt für sich. Ein bisschen märchenhaft, aber trotzdem weird, ein bisschen Horror/Psycho, aber trotzdem mit dem Herz am richtigen Fleck!
Bei unserem Kirchenkonzert damals haben Philipp Kaiser und Jakob von Lichtgestalten eine wundervolle Lichtinstallation gebaut. Also grundsätzlich liebe ich es, wenn Musik auf mehreren Ebenen erlebbar und auch manchmal eher umhüllend und begleitend ist.
Ihr spielt am 21. Februar im Bix – und seid dort nicht zum ersten Mal zu Gast, oder?
Wir waren schon mehrmals da und ich freue mich jetzt wieder mega auf den super Sound im Bix! Der Club begleitet mich schon sehr lange, weil ich auch in Stuttgart studiert habe und auch alle Musiker der Band schon sehr oft dort gespielt haben. Es ist also eine Art Homecoming.
Gibt es sonst Orte oder Locations, die du mit Stuttgart verbindest?
Ich würde sagen, an erster Stelle das Galao. Da war ich an Weihnachten erst wieder, als ich bei meiner Schwester in Stuttgart war. Ich finde es einfach so einen speziellen Laden, in dem über viele Jahre hinweg richtig interessante Bands spielen. Mit Ameli Paul hatten wir auch eines unserer ersten Konzerte dort. Contain’t, die Röhre, die Kiste, das alte Rocker 33, die Waggons, die Rampe, das Lehen, … dort war ich sehr gerne. Kürzlich hab ich erst auf Fridas Pier und im Studio Amore gespielt. Ich wäre ohne Stuttgart auf jeden Fall nicht zu der Musikerin geworden, die ich heute bin, weil ich mich da schon sehr gut in verschiedenen Richtungen austoben konnte und Support erhalten habe von Leuten, die in einen vertrauen und einen immer wieder spielen lassen.
Welcher Snack darf bei dir im Backstage nicht fehlen?
Ich komm’ ja aus dem Jugendhaus-Bereich, da gab es vielleicht ein Chili sin carne und dann einen Kasten Bier – und das war auch geil. Also ich glaube, man weiß vielleicht mit dem Alter mehr, was einem guttut. Ich stehe mittlerweile mehr auf gesundes Essen, das nicht zu schwer im Magen liegt und viele Vitamine. Natürlich darf auch das eine oder andere Erfrischungsgetränk nicht fehlen.
Welche Acts hörst du selbst gerade gerne?
„A Sky without Stars“ von Eliza hab’ ich rauf und runter gehört. Das Album von James Blake „Playing Robots Into Heaven“ hat es mir auch sehr angetan. Vor Kurzem habe ich wieder Aphex Twin entdeckt, das find’ ich echt richtig beeindruckend und will ich unbedingt auch live sehen. Und natürlich hab’ ich auch voll die Billie-Eilish-Phase gehabt und finde ihre Stimme umwerfend.
Was möchtest du den Leuten mitgeben, die sich das Album anhören?
Für mich ist dieses Album eine Ode an Intuition, den Kopf abzuschalten, nach seinem Gefühl zu handeln und an sich selbst zu glauben, sich selbst zu akzeptieren wie man ist. Oft verkopft man zu sehr und macht dann lieber gar nichts. Das habe ich auf jeden Fall daraus gelernt. Ich glaube, wir sollten uns manchmal besser selbst zuhören, dieser inneren Stimme, die in uns wohnt und unseren Gefühlen Raum geben und verstehen, woher sie kommen und was sie uns eigentlich sagen wollen. Erst dann können wir sie steuern. Ich glaube dadurch, dass das Album sehr emotional ist, fände ich es schön, bei dem einen oder anderen mit der Musik etwas zu öffnen und etwas Warmes zu geben und ja … Ich träume von einer Welt, in der man füreinander da ist, egal woher man kommt und emphatisch ist. Ich bin richtig froh, dass das Album draußen ist. Es jetzt geschafft!
Info: Ameli in the woods
franziska-schuster.com/ameli-in-the-woods
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„Throw My Fears In The River“ ist am 19.01.2024 erschienen
Am 21.02.2024 spielen Ameli in the woods im Bix
Fotos © Daniel Trautwein
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