Das Kulturzentrum Merlin bietet seit Jahrzehnten mit ausgefallenen Ideen, Filmen, Festivals und Konzerten allerlei Raum für Kreativität. Dann kam der Lockdown und seitdem bleiben die Bühnen leer. Als könnte es nicht besser passen, haben die beiden Gestalter Mark Bohle und Raffael Kormann ein ganzes Jahr zu jedem Konzert im Merlin ein Plakat entworfen und präsentieren die um einige Textbeiträge ergänzte Sammlung nun gemeinsam mit Prima.Publikationen unter dem Titel „Tonight at Merlin“. Wir haben einen Blick auf den Bildband riskiert …
Plakate im 21. Jahrhundert? Zu Konzerten, die nicht stattfinden? Absolut! 2020 stehen die Räder in der Kulturbranche zum Großteil still. Vielerorts kämpfen Konzerthäuser und KünstlerInnen gleichermaßen um ihre Existenz. Mit hohem gestalterischem Anspruch und einem Blick für typographische Raffinesse entwerfen Mark Bohle und Raffael Kormann auf 192 Seiten Plakate zu Konzerten im Merlin von KünstlerInnen wie Future Franz, Dagobert und Luis Ake. Seit dem 27. November ist die außergewöhnliche Jahresproduktion für 33 Euro im Onlineshop erhältlich.
Das ursprüngliche Medium, um das sich die Sammlung dreht, ist natürlich die Musik, die bei „Tonight at Merlin“ trotz visueller Wirkweise nicht fehlen darf: Zu jedem Plakat soll jeweils ein Link für den passenden Soundtrack sorgen. So kann man nach Belieben blättern, bei Bekanntem verweilen, Künstler entdecken oder mit dem Kopf nicken und gestalterische Kunst genießen. Durch das Zusammenspiel der Medien fühlt sich „Tonight at Merlin“ manchmal so an, als würde man einen Film sehen, dessen Buch man bereits gelesen hat. Andersherum – und eine ebenso fesselnde Erfahrung – funktioniert die Sammlung aber ebenfalls. Wer die abgebildeten KünstlerInnen bereits kennt und die Plakate dann betrachtet, stellt bald fest, dass es sich oft um künstlerische Neuschöpfungen von bereits existierender Kunstwerken handelt, die eine ganz neue Perspektive auf das Bekannte ermöglichen.
Die Sammlung und ihre Wirkung erzeugen nicht nur deshalb eine durchgehend positive Resonanz. Die KünstlerInnen sind über die Übersetzung ihrer Werke in ein neues Medium begeistert, einige Plakate gewinnen sogar bei Wettbewerben. Denn das Besondere an „Tonight at Merlin“ ist, dass die Sammlung in eine Zeit entführt, die sich zwar fern, aber gleichzeitig ungeheuer vertraut anfühlt.
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