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Plattform #94: Ein Haus für Fotografie in Stuttgart von Matthias Straub

matthias straub

Kunstmuseum, Staatsgalerie, Württembergischer Kunstverein. In den großen Ausstellungshäusern der Landeshauptstadt ist sie nur rudimentär vertreten – und ein ernstgemeinter Fokus, wie er dieser Kunstform gebührt, liegt in keiner Stuttgarter Institution auf: … der Fotografie. Stuttgart hat eine lange Tradition in der Lichtbildgestaltung und auch einige namhafte Fotograf:innen und Fotokünstler:innen hervorgebracht. Zum Beispiel den Industriefotografen Ludwig Windstosser (1921 -1983), der für unterschiedliche Unternehmen – klar, auch die Autonindustrie und viele Zulieferer – künstlerische, ja fast schon avantgardistische Aufnahmen für die Ewigkeit geschaffen hat. Sein Lebenswerk wurde im vergangenen Jahr in Berlin im Museum für Fotografie geehrt. Allgemein hat die florierende Industrie zahlreichen Fotograf:innen in Stuttgart den Lebensunterhalt gesichert. So sind beispielsweise Automobilfotografen aus Stuttgart weiterhin international gefragt und manche von ihnen, wie Dietmar Henneka mit seinen Inszenierungen für Mercedes-Benz oder der Porsche-Fotograf Frank M. Orel, haben es zum Legendenstatus gebracht.

Und da ist auch noch die junge Fotojournalistin und Kriegsfotografin Gerda Taro, die 1910 in Stuttgart geboren wurde und 1937 nur 27-jährig im Spanischen Bürgerkrieg tragisch ums Leben kam. Sie wurde mit ihrer Leica zur Ikone der Fotoreportage. An Gerda erinnert mittlerweile fast nur noch ein nach ihr benannter öffentlicher Platz oberhalb des Olgaecks. Trotz all dieser berühmter Kinder der Fotografie und einer Stadtverwaltung mit prall gefülltem Kulturbudget gab und gibt es in Stuttgart keine öffentliche Institution, die sich ausschließlich der Fotografie und Fotokunst widmet. Den Fotofreundinnen und Liebhaber:innen des Mediums stehen aktuell „nur“ private Initiativen, wie der Uno Art Space von Ute Noll oder die Galerie Kernweine in der Cotta-Straße zur Verfügung.

Warum gibt es in Stuttgart kein Haus der Fotografie, wie in anderen europäischen Metropolen? Am Interesse, fehlender Substanz oder an unzureichendem städtischen Budget kann es kaum liegen. Selbst Kleinstädte wie das Schweizer Winterthur haben es zu einem international renommierten Fotomuseum gebracht. Gibt es zu wenige engagierte Kulturschaffende, die sich dem Thema (noch) nicht angenommen haben? Volker Schrank, der seit Jahren den Stuttgarter Fotosommer organisiert, würde dem sicherlich widersprechen. Also, woran hapert es?

Das Meckern und sich Beschweren über fehlende Angebote kann nur durch Eigeninitiative entkräftet werde. Deswegen ist dieser vielleicht etwas nörglerische Beitrag von mir als Foto-Fan, Analogkameraliebhaber und Herausgeber des jährlich erscheinenden Fotomagazins THE OPÉRA ein Appel an mich selbst: Mach halt du was! Stimmt, keine schlechte Idee. Fehlen nur noch ein paar Mitstreiter:innen und öffentliche und private Geldgeber:innen, die meine Idee unterstützen: ein Haus für Fotografie in Stuttgart zu etablieren. Also meldet euch bei mir. Ich freu mich auf eure Ideen – und Paypal-Sendungen.

matthias straub

Text © Matthias Straub

Herausgeber des „THE OPÉRA“-Magazins, Teil des „Discoteca Synthetica“-Duos, Chefredakteur bei ROOM SERVICE und Fotografieliebhaber.

Foto Portait © Michael Huh, Kamera © Matthias Straub

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