Allgemein Musik Wortwechsel

WORTWECHSEL: FESTIVAL EDITION
FUCHS & HASE UND WASSER MIT GESCHMACK

Wortwechsel Wasser mit Geschmack Fuchs & Hase reflect

Statt klassischem Interview lassen wir die Protagonisten bei unserem Wortwechsel selbst die Fragen stellen. Passend zur anstehenden Freiluftsaison haben dieses Mal Joe und Roman vom „Fuchs & Hase” sowie Matze, Jonas und Chen vom „Wasser mit Geschmack” im Biergarten Höhenberg über die süddeutsche Festival-Kultur geschnackt. Beide Kollektive haben mit privaten Raves im kleinen Kreis angefangen – heute tanzen auf ihren Events mehrere tausend Musikbegeisterte zum Sound namhafter Acts aus aller Welt.

Matze: Wie ging das denn so los mit „Fuchs & Hase“?

Joe: Wie die meisten Veranstaltungen dieses Formats ist auch das „Fuchs & Hase“-Festival aus quasi „Omas Obstwiese Raves“ entstanden. Irgendwann wollten wir das dann professioneller machen und bekamen glücklicherweise die Möglichkeit, mit dem Jugendhaus Herrenberg zu kooperieren. Treibende Kraft war da vor allem unser Felix, der heute leider nicht hier sein kann.

Matze: Wir vom „Wasser mit Geschmack“-Kollektiv kennen uns eigentlich schon aus der Schule und waren im gleichen Verein. Irgendwann haben wir angefangen, auf einer kleinen Wiese mit Steilhang Partys zu veranstalten. Die Fläche war so abschüssig, dass man kaum tanzen konnte, als Bühne diente ein LKW. Heute feiern auf unserem Festival dreieinhalbtausend Menschen und wir waren jedes Mal ausverkauft.

Joe: Ja, wir auch. Da kann man dann viel entspannter an die Sache ran gehen. Wie sieht es denn bei euch mit dem Verhältnis zur Stadt aus? Es ist ja schon sehr wichtig, dass die da kooperativ sind …

Matze: Ja, das ist zentral. Wir haben Gott sei dank ein sehr gutes Verhältnis. Unser Bürgermeister ist ziemlich jung – Mitte dreißig – und dementsprechend offen gegenüber solchen Veranstaltungen.

Jonas: Die haben unser Festival sogar auf ihrer Homepage veröffentlicht – das zieht ja auch junge Leute. Das ist super für uns, weil man erst mal von diesem Ruf weg kommen muss, dass das alles an der Grenze zur Legalität stattfindet und irgendwie verteufelt werden muss.

Roman: Aktuell haben wir ja mit der „Fusion“-Debatte die Frage: Wie will man eigentlich mit Behörden umgehen? Geht man da auf Konfrontation oder versucht man, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Wir haben großes Glück mit der Stadt – und das obwohl wir sehr zentral angesiedelt sind. Die Verwaltung ist aber wohlwollend und durch das Jugendhaus und die damit verbundene Jugendarbeit, die in Herrenberg wirklich umfangreich ist, klappt das alles gut.

Joe: Ursprünglich wollten wir das Ganze in Tübingen stattfinden lassen, aber da fehlt uns einfach einer von der Stadt, der sagt: „Hey, das, was ihr macht, ist cool und das unterstütze ich.“ In Herrenberg sind die total pro und auch mit der Polizei läuft es gut. Ich war früher mal Clubbetreiber und da hat uns die Polizei teilweise schon ziemlich geärgert. Übertriebene Personenkontrollen überall in der Gegend werfen einfach ein schlechtes Bild auf das Event. Das ist in Herrenberg entspannter.

Roman: Die Frage ist auch, mit welchem Hintergrund man so ein Festival veranstalten will. Wir sind ja alle jetzt ein bisschen älter und allein der Grund, dass wir feiern wollen, ist es nun mal nicht mehr. Wir wollen zum einen unserer Region etwas zurückgeben, vor allem aber ein Veranstaltungskonzept bereitstellen, das verschiedene Dinge verknüpft – Nachhaltigkeit oder soziale Projekte zum Beispiel. Außerdem wollen wir von diesem Festivalkonzept wegkommen, das bis jetzt in Süddeutschland vorherrscht: Schotterplatz, Bierzelt und harter Techno. Da gibt es keine Wertschätzung für Musik und die Liebe fürs Detail fehlt komplett. Wir wollen mit Mensch und Natur im Einklang etwas Schönes schaffen.

Jonas: Ich denke, das verbindet unsere Konzepte miteinander. Man könnte die ganze Sache natürlich so optimieren, dass man in ein, zwei Jahren ordentlich Geld daran verdient. Eine anstelle von drei Bühnen, keine Deko und einfach ein großes Zelt hinhauen – aber dann ist das auch ganz schnell wieder vorbei. Außerdem schauen wir z. B. danach, dass wir die Jugend aus der Stadt mit einbinden. Da gibt es total viele engagierte freiwillige Helfer, die drei Wochen lang basteln, bauen und kreativ sind. Das verbindet die Leute miteinander.

Roman: Genau, das ist ja auch so ein generationenverbindendes Ding. Bei uns gibt’s tagsüber ein bisschen Programm für Kids, die können malen, toben und sich ausprobieren. Ein Polizist hat mal gesagt: „Und das alles baut ihr nur für zwei Tage auf? Das ist doch verrückt!“

Joe: Das war letztes Jahr. Da hieß es „Joe, kannst du mal an die Türe kommen, die Polizei ist da!“ Ich dachte schon jetzt wird’s stressig, aber der wollte nur mal Hallo sagen und sich vorstellen. Ich hab ihn dann rein gebeten und er war danach total begeistert und interessiert – so kann’s halt auch manchmal laufen. Das war echt eine geile Reaktion!

Joe: Geht ihr beim Booking nach eurem persönlichen Interesse oder eher nach aktuellen Trends?

Matze: Beides. Zum einen schauen wir schon, dass bekanntere Acts spielen, die in unserem Genre liegen, zum anderen wollen wir auch Freunden, Bekannten und eben kleineren Acts die Chance geben, auf unserem Festival zu spielen. Man braucht natürlich schon Acts, die Leute ziehen. Wir buchen aber nicht blind einen riesigen Mainact – es ist immer so, dass wir die Künstler, die wir buchen, vorher schon mal beim Spielen gesehen haben.

Jonas: Und man muss gerade bei Festivals auch aufpassen, dass man nicht irgendjemanden nimmt, der gerade so rumgereicht wird …

Joe: Richtig, das ist ätzend! Wenn man sich aktuell die Festivallandschaft anschaut, könnte man meinen, die sitzen alle zusammen im Tourbus und fahren von Party zu Party. Das langweilt mit der Zeit, wenn du auf jedem Event das gleiche Line-up hast.

Roman: Auf unseren Booker Max können wir alle mächtig stolz sein: Er wohnt seit Jahren in Berlin, ist viel in der Szene unterwegs und hat ein super Gespür für Musik.Live-Acts sind uns sehr wichtig, dieses Jahr kommen zum Beispiel Kerala Dust und viele weitere krasse Künstler. Viel Downtempo-Zeug.

Die Acts sind größtenteils wie richtige Bands aufgebaut. Unser großes Ziel ist es, das Line-up irgendwann nicht mehr vorab zu veröffentlichen. Man braucht ein paar Jahre dafür, aber bei der „Fusion“ hat das auch funktioniert. Wir waren im Januar ausverkauft, obwohl wir zu diesem Zeitpunkt nur fünf Acts veröffentlicht hatten. Das zeigt einfach, dass die Leute wegen der Veranstaltung kommen und nicht wegen irgendwelchen großen Headlinern.

Joe: Dieses Jahr sind wir bookingmäßig total ausgeartet. Das ist ziemlich krass für die Größe – aber dann kommt halt immer wieder einer mit noch ’ner guten Idee und so summiert sich das dann!

Roman: Und nun zur Frage der Fragen: Warum „Wasser mit Geschmack?“

Jonas: Wir haben irgendwann gesagt, wir wollen auf so ’ner Wiese einen Rave machen und saßen zusammen, haben ein paar Bier getrunken und dann beschlossen, dass wir einen Namen brauchen. Am nächsten Tag lag ein Zettel herum, auf dem das stand und es hat sich irgendwie gut angehört. Keiner weiß mehr, wer das da drauf geschrieben hat – ich persönlich glaube ja, dass ich es war. 😉

INFO: BIERGARTEN HÖHENBERG

Stresemannstraße 39 • täglich 11.30 – 22.30 Uhr (bei gutem Wetter – ab 15 Grad & kein Regen) • hoehenberg-stuttgart.de/

VIELEN DANK AN UNSEREN FOTOGRAFEN JAKOB MARWEIN!

Das koennte dir gefallen…

Keine Kommentare

Kommentar schreiben