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Wortwechsel: Zwischennutzungsprojekte in Stuttgart

Wortwechsel: Zwischennutzungsprojekte

Statt klassischem Interview stellen die Protagonist:innen bei unserem Wortwechsel selbst die Fragen: Vom Studio Amore über die Schwabenbräu Passage und das Franck-Areal bis hin zur Brycke – aktuell tummeln sich einige kreative Zwischennutzungsprojekte in Stuttgart und der Region. Im Wortwechsel mit Paul Vogt (PV) vom Verein Adapter e.V., Bernhard Grieb (BG), Leiter der Wirtschaftsförderung Stuttgart und Oliver Linder (OL) vom Fachbereich Stadtplanung und Vermessung der Stadt Ludwigsburg geht’s um die aktuellen Chancen und Risiken dabei.

PV: Aktuell stellen sich Stuttgart, aber auch andere Städte immer mehr die Frage: Wo entwickeln sich unsere Städte hin und wie wohnen wir zukünftig? Und wie können wir freie Räume bzw. Leerstand aktivieren und für temporäre Zeiträume zugänglich machen? Wir beim Verein Adapter e.V. beschäftigen uns dabei u. a. mit der Teilhabe der Bevölkerung an der Stadt, also wie können Menschen Teil ihrer Stadt sein und Einfluss auf die Stadtentwicklung nehmen. Natürlich spielt das Thema Wohnen hier eine große Rolle.

BG: Und was macht ihr konkret als Verein?

PV: Einerseits Diskurse in diesem Bereich, aber auch die konkrete Entwicklung von Projekten. Das sind dann Module, in denen wir quasi leerstehende Gewerberäume für ein bis drei Jahre als Wohnraum nutzen. Gerade sind wir bei einem Projekt in Wendlingen dran und setzen dort ein Wohnprojekt um.

BG: Sind das dann vorwiegend Büros?

PV: Das sind Gewerbeflächen, die früher mal eine Produktion waren. Wir haben uns als Verein mit dem Thema beschäftigt, wie man es schaffen kann, organisatorisch und rechtlich diese leerstehenden Flächen tatsächlich nutzbar zu machen.

OL: Unser Flaggschiff der Stadt Ludwigsburg ist gerade das Franck-Areal, mit dem wir uns das erste Mal zum Thema Zwischennutzung beschäftigen. Das Areal liegt direkt am Bahnhof und wurde vor 150 Jahren von der Firma Franck als Fabrik gegründet. Seit Nestlé, die das Gelände zuletzt bewirtschaftet haben, den Standort verlassen hat, war das für uns eine städtebauliche Chance, an der Fläche etwas Neues auszuprobieren. Wir haben uns die Frage gestellt, wie man mit so einer Fläche umgeht, die wir erst entwickeln müssen und die ein hermetisch abgeschlossenes Fabrikgelände war. Wir hatten zwei Möglichkeiten: Entweder schließen wir das Gelände ab und hoffen, dass keiner einsteigt oder wir öffnen es aktiv und machen es für die Bevölkerung attraktiv. Wir haben uns für Zweiteres entschieden, konnten entsprechende Fördermittel akquirieren und haben unser Vorhaben mit einem Forschungsprojekt flankiert. So ist das Projekt nach und nach entstanden. Jetzt läuft es weitestgehend von alleine und hat sich in Ludwigsburg etabliert.

BG: Zwischennutzung kann dabei natürlich sehr vielfältig sein. Die Stadt Stuttgart hat z. B. ein Projekt in Feuerbach umgesetzt. Dort gab es ein altes Industriegelände, das zur Verfügung gestellt wurde, um Graffiti-
Kunst zu ermöglichen. Das war dann für ein paar Wochen geöffnet und die Eigentümer:innen haben die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt, um die Graffiti-Künstler:innen zu bezahlen. Es stellen sich also immer auch die Fragen: Wer finanziert ein Zwischennutzungsprojekt? Wer stellt den Raum zur Verfügung? Und wie lange steht es zur Verfügung? Das grundsätzliche Ziel ist natürlich immer, dass man Ideen darin unterstützt, am Markt zu bestehen. Wenn wir nach ein paar Jahren hören, dass Konzepte erfolgreich sind, haben wir als Wirtschaftsförderung ebenfalls unsere Ziele erreicht.

PV: Ich finde es ganz interessant, weil ihr beide unterschiedliche Funktionen in der Stadt innehabt. Da spielt die stadtplanerische Komponente mit rein, also wie man im großen Maßstab die Stadt und die Innenstadt entwickelt. Gleichzeitig spielt aber auch die Wirtschaftsförderung eine große Rolle, die das Ziel hat, die wirtschaftlichen Tätigkeiten in der Stadt zu fördern, zu unterstützen und neue Impulse zu geben. Das Spannende ist, dass sich das ja auch oft bei Zwischennutzungen widerspiegelt, wenn z. B. ein Start-up oder ein junges Unternehmen die Räume nutzt.

BG: Das stimmt. Leider spielt das Thema Zwischennutzung in der Stadtverwaltung noch eine eher untergeordnete Rolle und ist im Vergleich zu anderen Themen noch sehr klein. Es gibt viele Potenziale, wir können aber nur sehr wenig selbst umsetzen oder unterstützen. Wir müssen uns aktuell einzelne Objekte herauspicken und bewusst angehen. Da hilft es natürlich, wenn es einen Verein wie euch gibt, der an der Stelle unterstützt und Erfahrung hat.

PV: Es braucht die gemeinsame Zusammenarbeit. Um dieses Thema wirklich stärker zu verankern, bräuchte es vielleicht auch beim Stadtplanungsamt in Stuttgart jemanden, der sich mit dem Thema Zwischennutzung auseinandersetzt. Und dann vielleicht noch jemand beim Baurechtsamt, um einfach auch diese rechtlichen Themen schneller bearbeiten zu können.

BG: Wir haben ja auch bisher Regelungen, die dieses Konstrukt nicht konkret vorsehen. Ein Baurecht kennt quasi keine Zwischennutzung.

PV: Ja, aber da gibt es eigentlich auch rechtlich die Option, Baugenehmigungen auf Zeit zu erteilen.

Zwischennutzungsprojekte

OL: Genau, aber da gibt es natürlich Grenzen, wie z. B. das Wohnen in Gewerberäumen oder Veranstaltungen generell. Hilfreich ist es, gerade für Kommunen, die damit noch keine Erfahrungen haben, wenn jemand kommt, der sich in diesem Bereich auskennt. Ein:e Expert:in, der:die Erfahrungswissen mitbringt und die Stadt und den:die Eigentümer:in quasi ein bisschen an die Hand nimmt. Die Stadt Ludwigsburg ist hier schon sehr aufgeschlossen. Wir haben z. B. eine Projektgruppe gegründet, an der die verschiedenen Akteur:innen an einem Tisch sitzen. Es ist ja schon ein sehr aufwendiger Prozess. Wir müssen uns fragen, wer den Mietvertrag macht, wie lange wir ein Projekt umsetzen, was wir in das Projekt investieren und wie es sich über die Zeit rentiert.

BG: Wenn man als Privatperson durch die Stadt läuft und Orte sieht, die leer stehen, kommt ja schnell der Gedanke auf: „Mensch, da ist nichts mehr los. Warum nutzt man das nicht?“. Da gibt es natürlich für jede Sache einen Grund. Es ist auch eine Frage der Zeit. Wenn ich weiß, dass ein Objekt zwei Jahre leer steht, die Genehmigung aber ein dreiviertel Jahr dauert und dann noch der Umbau dazu kommt, dann macht eine Zwischennutzung keinen Sinn. Es gibt Zwischennutzungen, die über zehn Jahre andauern. Da kommt dann auch eine politische Dimension hinzu. Es gibt z. B. lange Mietverträge, der:die Zwischennutzer:innen möchte den Standort weiterhin bespielen und die Bevölkerung auch weiterhin das Angebot nutzen. Hier kommen wir zu einer weiteren großen Herausforderung: Was passiert mit den Projekten, wenn es die Zwischennutzung nicht mehr gibt? Hier muss man Lösungen finden, damit etablierte Projekte weiter bestehen bleiben können.

PV: Ich glaube, bei diesem Thema ist es einfach wichtig, die Betreiber:innen in den Prozess einzubinden. Dann wird man auch gar nicht zu dem Punkt kommen, dass man am Ende der Zwischennutzung völlig überrascht ist und schafft so natürlich auch mehr Verständnis.

BG: Auf jeden Fall! Bei Zwischennutzungsprojekten sind ja auch viele verschiedene Akteur:innen involviert. Während es in der Laufzeit gar nicht darum geht, durch die Vermietung groß Geld zu verdienen, ist es danach natürlich ganz anders. Flächen werden entweder abgerissen, es gibt einen Neubau oder oft auch eine:n neue:n Eigentümer:in. Da muss sich ein neues Objekt natürlich auch rechnen. Eine Zwischennutzung ist oft hinterher nicht mehr oder nur bedingt in einer anderen Form möglich. Ich glaube, dass ein Netzwerk, in dem man erfährt, wo und was passiert, eine ganz spannende Geschichte sein könnte. Klar ist es für euch wahrscheinlich als Stadt Ludwigsburg genauso wichtig wie für uns als Wirtschaftsförderung, dass die Akteur:innen am Standort bleiben. Der Auftrag ist ja, alle Akteur:innen in der Region Stuttgart zu halten. Da wäre es gut, wenn man ihnen vielleicht auch einen anderen Standort in der Nachbarschaft anbieten könnte.

OL: Ich glaube, es sind gerade diese Nischen, für die man ein gutes Radar braucht. Und man muss Bewusstsein bei den privaten Eigentümer:innen schaffen und eine Brücke zur Stadt herstellen. Wo kann man Zwischennutzung initiieren und früh mitdenken? Wo ist eine Vermietung sinnvoller als ein Leerstand? Man schafft ja so auch einen gewissen Flair, der sich gut für das eigene nachgelagerte Projekt vermarkten lässt.

PV: Oder eben auch einfach, um verschiedenen Optionen zu testen. Muss man z. B. überhaupt ein Gebäude abreißen? Was kann ich aus dem Bestand tatsächlich machen? Und dieses Vernetzen innerhalb einer Stadt oder auch der Erfahrungsaustausch zwischen den Städten ist dann sehr wichtig. Zu dem Thema wurde z. B. vor Kurzem ein Netzwerktreffen für Zwischennutzung vom BBSR initiiert. Die Stadt Bremen hat z. B. schon viel Erfahrung mit Zwischennutzungen, weil Leerstand schon lange ein Thema ist und sie es in professionelle Hände gegeben haben. Es gibt schon deutlich mehr Expertise, als wahrscheinlich jedem Einzelnen von uns bewusst ist. Das müsste man so aufbereiten, dass es zugänglich ist und man sich an Referenzprojekten orientieren kann. Wie haben andere Projekte die Umsetzung z. B. baurechtlich gelöst, wie waren die Bedingungen bei der Miete, welche Vorteile hat der:die Eigentümer:in?

BG: Ich finde, das ist super wichtig! Wir überlegen z. B. aktuell, wie wir auch der Gastronomie eine Zwischennutzung anbieten können. Aber das ist natürlich noch einmal ein Stück schwieriger. Man hat hohe Investitionskosten, lange Mietver-träge, andere Konkurrent:innen. Da sind wir jetzt gerade am Überlegen, ob es geeignete Räume gibt, wo wir auch so etwas für einen sehr temporären Zeitraum anbieten können. Es gibt also noch jede Menge Potenzial.

Weitere Infos unter: 

adapter-stuttgart.de  meinlb.de/franck-areal • stuttgart.de/wirtschaftsfoerderung

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Allgemein Gastro Interview Wortwechsel

Wortwechsel:
20 Jahre re.flect

Wortwechsel Jubiläum reflect

Statt klassischem Interview lassen wir die Protagonisten bei unserem Wortwechsel selbst die Fragen stellen. Anlässlich des 20-jährigen re.flect-Jubiläums haben wir alle ehemaligen Chefredakteure im Holzapfel versammelt, um in Erinnerungen zu schwelgen und den Errungenschaften der modernen Technik zu huldigen.

Martin: Habt ihr euch eigentlich räumlich getrennt? Also re.flect und Urban Propaganda?

Nina: Urban ist nach wie vor in der Gymnasiumstraße und wir sind mit dem re.flect jetzt in die Johannesstraße gezogen, unter anderem mit den Jungs von Applaus Gin, Fabian vom Cafe Parmesan, Karin und Rosa von der Fest Versprochen, der Agentur WSK und tätowiert wird mit Ina und Benni auch noch.

Michi: und Dexi spielt im Garten!

Martin: Ah, der hat da auch sein Studio mit drin, stimmt. Den hab ich auch am Samstag im StadtPalais mit seiner gelben Regenjacke gesehen. Da habe ich übrigens auch den Willi getroffen, das war der erste re.flect-Grafiker. Früher war das immer so, dass wir die letzte Nacht vor der Abgabe durchgearbeitet haben und ich dann morgens mit der CD zur Druckerei gefahren bin. Dort habe ich dann erstmal von Ralf einen Einlauf bekommen, der ist heute Türsteher beim Schocken. Der war nämlich damals der, der die Daten verarbeitet hat. Und wir hatten natürlich alles immer irgendwie falsch angelegt mit 100 Unter-Ordnern und Bildbenennungen wie „kiffender Harris”. Und er so: Woher soll ich wissen, wer der kiffende Harris ist? Weil das nachts immer so lange ging, hatte ich so eine alte Gartenliege von meinen Eltern im Büro und der Willi, der immer am längsten gemacht hat, hat sich immer auf die Liege gelegt, wenn ich hochgefahren bin zur Druckerei „Weinbrenner”. Die gibts aber auch nicht mehr.

Michi: Ja, den Niedergang der Druckbranche haben wir auch am eigenen Leibe mitbekommen.

Martin: So ein Heft hatte damals 1,4 GB. Das hat man mit Skype und was es dann noch alles irgendwann gab, gar nicht durchbekommen.

Nina: Und heute läuft alles so easy per Dropbox und Co.

Martin: Auf was für alten Rechnern wir das auch alles noch gemacht haben …

Michi: Da hat man die Anzeigen dann noch auf Filmen zu uns gebracht. Richtig oldschool.

Nina: Das klingt irgendwie nach weit mehr als 20 Jahren.

Sarah: Da war das Pferd noch das modernste Fortbewegungsmittel.

Martin: Ich war auch jedes Mal voll erschöpft nach der Abgabe.

Nina: Manches ändert sich nie. Man arbeitet halt bis eine Sekunde vor Druckdaten-Abgabe

Sarah: Und man findet ja immer noch irgendwas, was verbessert werden kann oder fehlt. „Das da könnte man noch umstellen” oder „Sollen wir das doch noch mit reinnehmen?”

Nina: Ja, so lange, bis man denkt: Das können wir jetzt nicht mehr machen, sonst wird‘s nicht mehr gedruckt.

Martin: Die Woche vor Abgabe war ich eigentlich gar nicht daheim und in der Woche danach ist man echt in ein emotionales Loch gefallen. Danach erst mal wieder putzen und duschen und so.

Nina: Eine Woche ohne soziale Kontakte, man geht eigentlich nur heim zum Schlafen.

Michi: Krass ist auch, dass wir damals noch im Büro geraucht haben. Danach war erstmal Aschenbecherleeren angesagt … Wie auch die Rechner aussahen!

Nina: Und wenn man jetzt in ein Büro kommt, wo geraucht wird, denkt man eher: Boah, was ist mit denen los!

Michi: Ja gut, aber damals hat man auch in Restaurants geraucht und am Flughafen. Achja, Gastro! Ich hab auch das Gefühl, die Leute die früher in der Gastro unterwegs waren, sind heute immer noch da. Da hat sich, außer dass man oft nicht mehr rauchen darf, nicht viel geändert.

Nina: Naja, es ist eben nicht mehr so konzentriert und geballt auf wenige Akteure …

Sarah: Es gibt ja auch viele neue DJ-Kollektive und kleinere Vereine.

Martin: Und viele neue Cafés gibt‘s auch, das ist heute eher so ein bisschen der Zeitgeist.

Michi: Ja, Clubs wurden halt ein bisschen verdrängt durch andere Freizeitbeschäftigungen.

Martin: Vapen, Kaffee trinken und Essen gehen …

Michi: … Shisha-Bars und Netflix!

Nina: Clubs gibt‘s gefühlt schon weniger, Bars aber dafür eine Menge. Ich glaube die meisten Leute gehen einfach nicht mehr so viel in Clubs.

Michi: Viele Dinge, die man früher in Clubs gesucht hat, wie zum Beispiel einen Partner für eine Nacht, kannst du jetzt halt auch über Tinder finden. Musik von bestimmten DJs kann man heute über den Boiler Room oder Spotify hören. Ich glaube einfach, dass die sozialen Funktionen von Clubs nicht mehr so gefragt sind.

Martin: Es wird ja auch immer schwieriger für die Leute mit ihren Infos und Veranstaltungen durchzukommen. Es gibt ja eher wenige Medien, die sowas veröffentlichen. In Stuttgart ist die Szene ja schon eher klein, muss man ganz ehrlich sagen.

Michi: Ich kann das gar nicht einschätzen, Stuttgart ist ja einwohnermäßig auch nicht so groß.

Martin: Es gibt halt zwei Zeitungen. Und dann gibt’s noch euch, LIFT, Geheimtipp und dann noch uns, also Kessel.tv … Das ist einfach nicht viel.

Michi: Und dann gibts noch Influencer und Food Blogs.

Martin: Ja, aber die wollen dann halt auch immer gleich Geld.

Michi: Ja, klar, es ist medientechnisch schon ausgedünnt hier.

Nina: War das früher dann noch anders?

Michi: Früher gabs noch Subculture, Partysan, Up to Date, Prinz … Einige kleine Magazine gab‘s schon noch.

Martin: Mittlerweile ist halt auch jeder sein eigenes Medium. Jeder kann alles senden, was er will und hat die technischen Möglichkeiten, Leute zu erreichen.

Nina: Es hat sich seit wir angefangen haben jedenfalls ganz schön viel verändert, aber so bleibt es ja auch spannend. Schauen wir mal, wie es weitergeht – ihr wisst ja, „man darf gespannt sein“.

Vielen Dank an unseren Fotografen Jakob Marwein!