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„We all came out of a pussy“ … „did we?!” – Das FF*GZ Festival 2023

FF*GZ Festival

„We all came out of a pussy“ … „did we?!” Unter diesem Gedanken steht am 4. November 2023 die vierte Ausgabe des FF*GZ-Festivals im Theater Rampe. Das „Feministische Frauen*gesundheitszentrum Stuttgart aka FF*GZ setzt sich seit mittlerweile schon 37 Jahren für feministische Themen ein – darunter auch Aufklärung zu weiblicher Gesundheit sowie Sexualität. Alle zwei Jahre wird in diesem Rahmen das FF*GZ Festival veranstaltet.

Besucher:innen erwartet hier ein Programm, das Information und Empowerment verbindet. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dieses Jahr auf Themen zu Startmöglichkeiten ins Leben und Familienplanung: von verschiedenen Familienentwürfen bis hin zu Stereotypen und Stigmata, die den weiblichen Körper, die Geburt sowie die weibliche Rolle betreffen.

Los geht es um 11 Uhr. Angeboten werden verschiedenste Workshops, Lesungen, Podiumsdiskussion, Infostände, Ausstellungen sowie eine Theaterperformance und ein abschließendes Partyprogramm. Darunter eine Vulva-Abformungen und die abendliche Theatervorstellung der Silent Ladies_ unter dem Namen „I choose… No!“ sowie eine offizielle After-Party ab 22 Uhr mit musikalischer Unterstützung aus Köln. Wer sich einen festen Workshop-Platz sichern möchte, sollte sich bis zum 3. November per Mail unter „festival@ffgzstuttgart.de” anmelden. Je nach Kapazitäten kann man auch spontan an den Workshops teilnehmen.

Das FF*GZ will nicht nur informieren, sondern auch Menschen sowie insbesondere Frauen und Minderheiten einen Raum geben, wichtige Themen anzusprechen und zu diskutieren, gehört zu werden und sich selbst zu reflektieren. So hat das Netzwerk über die Jahre an sich und der eigenen Kommunikation und Definition des Begriffs „Feminismus” gearbeitet. Mittlerweile hängt ein Sternchen* am „FFGZ” und die Mitglieder haben ihren Themenbereich auf (Queer)-Feminismus ausgeweitet. Wie es zu dieser Entwicklung kam und welche Möglichkeiten die ehrenamtliche Arbeit im FF*GZ bietet, hat uns Mitglied Lilou in einem Interview verraten. Lilou (auf dem Foto im orangenen Pulli) ist selbst an diversen Stationen des Festivals beteiligt und organisiert zusammen mit anderen Mitgliedern beispielsweise die „Grußwortperformance”, den Workshop „Wie kann Sex gesünder und feministischer werden?“ und legt selbst als „iamboth“(@komplexitaeten) bei der After-Party auf. Lets go!

Was genau ist deine Rolle beim FF*GZ?

Bei uns sind alle Rollen selbst gewählt und alle engagieren sich in dem Umfang, in dem es ihnen selbst möglich ist. Ich bin wie fast alle anderen hier in einer ehrenamtlichen Rolle tätig. Ich mache Workshops, bin aber auch schon auf Bühnen gewesen. Bei einer Veranstaltung des Sozialministeriums habe ich zum Beispiel für Vielfalt am Schlossplatz gesprochen. Ansonsten mache ich allgemein, was es eben zu machen gibt. Wir haben im Verein eine hauptamtliche Mitarbeiterin, Laura, die alles zusammenhält, sowie drei Vorständinnen: Doris, Anna und Pia. Abgesehen davon gibt es eigentlich keine festen Aufgabenbereiche. Ich mache zum Beispiel auch noch ein bisschen Social Media und unterstütze uns in Themen, welche die Vereinsstruktur oder Vereinsstrategie betreffen.

Wie kamst du auf die Idee, dem FF*GZ beizutreten?

Ich bin schon eine Weile im Dunstkreis, der das FF*GZ 2016 neu in Schwung gebracht hat. Doris Braune setzt sich schon eine lange Zeit für das FF*GZ ein (den Verein gibt es seit 1986) und durch ihre Tochter und deren Freund*innen wurde 2016 dann sozusagen die dritte Generation der FF*GZ-ler*innen eingeleitet. Es wurde vom klassischen Feminismus mehr zum (Queer)-Feminismus. Damals war ich noch etwas jung. Ich bin dann zum Studieren nach Frankfurt gegangen und habe mich in dem Alter auch noch nicht so intensiv für feministische Themen interessiert. Nach meinem Studium war ich broke und auf Jobsuche, also musste/wollte ich zurück nach Stuttgart.

FF*GZ Festival früher

Wieso zum FF*GZ und nicht anderweitig aktiv werden?

Bei mir war es eigentlich einfach nur eine Altersfrage, da ich 2016 schon im Freundeskreis unterwegs war. Mit 21 war mir Feminismus zwar schon ein Begriff, aber er hat mich in meiner Wahrnehmung nicht so sehr betroffen. Klar, es gab schon immer solche Fragen wie: „Was ist denn eigentlich weiblich?” oder Fragen zum weiblichen Zyklus und Körper. Aber mit 25 hatte ich dann ganz andere Erfahrungen und Ansprüche im Leben. Erst nach dem Studium war ich dann auch politisch sehr interessiert.

Was macht FF*GZ besonders?

Ich finde es toll, dass die Strukturen im FF*GZ so frei sind. Ich konnte und kann mich in dieser Struktur des Vereins einfach perfekt entfalten. Es ist offen. Keine festgefahrenen Strukturen und man muss nicht ewig warten, bis man selbst etwas organisieren oder bewirken kann. Mit dieser offenen Struktur kommen aber natürlich auch Herausforderungen. Wenn ich eine Idee habe, muss ich diese auch selbst umsetzen. Klar stimmen wir über verschiedene Dinge ab und bekommen teilweise auch Equipment, Räume oder Unterstützung, aber die Projekte müssen sehr selbstständig auf die Beine gestellt und organisiert werden, aus ganz eigener Motivation.

Das Konzept kurz auf den Punkt gebracht?

Wir setzen uns für selbstbestimmte Sexualität und Gesundheit ein. Mit allen Facetten, die dazugehören.

An wen richtet sich euer Angebot?

An alle! Insbesondere Flinta*-Menschen, aber eigentlich möchten wir uns an alle richten. Das unterscheidet sich aber natürlich teilweise mit der jeweiligen Veranstaltung. Die Veranstaltenden entscheiden selbst, an wen sich die jeweilige Veranstaltung richten soll.

Sieht es bei der Organisation des FF*GZ-Festivals ähnlich aus?

Das ist etwas anders. Das Festival ist wirklich fest eingeplant und findet alle zwei Jahre statt. Diese Regelmäßigkeit ist uns sehr wichtig. Ein weiteres regelmäßiges Event sind beispielsweise die „Tender Tuesdays”.

Auf welchen Teil des FF*GZ Festivals freust du dich am meisten?

Ich finde, es ist einfach insgesamt ein großartiges Programm. Es gibt eine Panel-Diskussion über Startmöglichkeiten ins Leben, in der wir über Privilegien sprechen möchten, verschiedenste Workshops, eine Gesprächsrunde sowie eine Lesung der Autorin Sarah Diehl. Auf die Party freue ich mich natürlich besonders. Außerdem ist Gîn.Bali der YAYACrew aus Köln zu Gast. Das wird bestimmt eine coole Vernetzung, da die sich vor allem für mehr Sichtbarkeit für queere Bipoc-Flinta* einsetzen. Und das Theaterstück von Silent ladies_ zum Thema gewählte Nicht-Mutterschaft, auf das freue ich mich auch sehr.

FF*GZ Festival vorbereitungen

Was sollen Menschen nach dem Event mitnehmen und weitererzählen?

Im besten Fall fühlen sich die Besuchenden empowert. Vielleicht denken sie sich auch „Nice, es ist ganz allein meine Entscheidung, ob ich Kinder will oder nicht und wie ich eine Familie gestalte“ und „Ich habe meine Privilegien verstanden und meine eigenen Startmöglichkeiten reflektiert“. Ich hoffe insgesamt, dass sich nach unserem Festival alle selbstbestimmt(er) fühlen und mehr zu sich und ihrer eigenen (inneren) Stimme gefunden haben. Und natürlich, dass alle viel Spaß hatten und viel getanzt haben.

Was wünschst du dir für die Zukunft eures Vereins?

Dass mehr Menschen diesen Raum für sich beanspruchen. Mehr Menschen, die mehr Räume für mehr Menschen schaffen wollen. Ich glaube, wir leben schon privilegiert und jede Person hat etwas, das sie teilen kann, dass wiederum andere bereichern kann. Wir leben durch Diversität. Ich wünsche mir, dass wir Räume eröffnen und Themen ansprechen, die zuvor vielleicht noch nicht angesprochen wurden. Ich wünsche mir, dass sich auch mehr Menschen wohlfühlen, so etwas zu tun. Die Komplexität solcher Themen aushalten können, dass wünsche ich mir und dabei meinen Beitrag dazu leisten zu können.

Eine besondere Erinnerung vom letzten Festival oder den Vorbereitungen dazu?

Ich bin jetzt seit zwei Jahren aktiv, habe das letzte Festival also noch nicht mitbekommen. Ich würde aber sagen, dass es für mich immer wieder solche Momente gibt. Egal nach welcher Veranstaltung. Der Prozess der Planung, Durchführung und das „wir“ Gefühl im Anschluss. Diese Räume sind da, um sich auszutauschen und dafür sind wir alle dankbar. Durch Festivals, feministische Feierabende, Plena und Begegnungsräume. All die Möglichkeiten, aktiv zu werden.

Was ist deine persönlich Verbindungen zu Stuttgart?

Meine Mutter beschloss, Stuttgart und Deutschland zu unserer neuen Heimat zu machen. Ich bin hier zur Schule gegangen und auch gut vernetzt. Als ich aus Frankfurt wieder zurückgekommen bin, dachte ich mir: Irgendwie bin ich hier noch nicht fertig. Im Moment fühle ich mich in Stuttgart so zu Hause wie noch nie zuvor.

FF*GZ Festival Team

Infos: FF*GZ Festival

Beginn ab 11 Uhr
Theater Rampe
Website: ffgzstuttgart.de
Instagram: @ffgzstuttgart

Foto © Marie Johanna Weisser/ @marie__fotografie

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