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»Sieh Dir die Menschen an! Das neusachliche Typenporträt in der Weimarer Zeit« – mit Claudius Desanti

Kunstmuseum Claudius

Wie wirken Stereotypen und Klischees aus der Weimarer Zeit bis heute nach? Und wie beeinflussen sie unseren Blick auf unser Gegenüber? Diesen Fragen widmen wir uns in einer Interviewreihe gemeinsam mit dem Kunstmuseum Stuttgart. Dabei werden verschiedene Perspektiven zum Thema Diversität rund um die Inhalte der Ausstellung »Sieh Dir die Menschen an! Das neusachliche Typenporträt in der Weimarer Zeit« beleuchtet.

Den Anfang macht Claudius Desanti, der seinen Blick auf die Werke und eigene Erfahrungen teilt. Claudius ist Gründer der Kommunikationsagentur SÍSÍ, Podcaster (Queergeredet) und Vorstand der Aidshilfe Baden-Württemberg.

Was war dein Highlight der Ausstellung und warum?
Claudius: Also dieses Gemälde (Kate Diehn-Bitt, Selbstbildnis als Malerin, 1935) hat mich aufgrund der Androgynität, die hier abgebildet ist, besonders angesprochen. Die Person hat auf mich auf den ersten Blick eventuell wie ein schwuler Mann gewirkt. Das war für mich nicht eindeutig einzuordnen und da ich selbst schwul bin, habe ich da, glaube ich, auch so einen Wiedererkennungsprozess gemacht. Umso interessanter fand ich dann, dass das Bild eigentlich das Selbstbild der Malerin Kate Diehn-Bitt darstellt.

Hast du dich schon einmal dabei erwischt, jemanden unbewusst in eine bestimmte Schublade einzuordnen?
Claudius: Natürlich habe ich auch schon Menschen in Schubladen gesteckt – bewusst oder unbewusst. Das ist, glaube ich etwas, das wir im Alltag die ganze Zeit machen. In solchen Situationen finde ich es ganz wichtig, dass wir lernbereit sind und dass wir unsere eigenen Schubladen immer wieder hinterfragen.

Wie wurdest du in deinem Leben schon einmal mit Stigmata und Vorurteilen konfrontiert? Was sind deine Erfahrungen?
Claudius: Vorurteile und Stigmata hab ich leider schon sehr häufig erlebt, gerade weil ich schwul bin. In jedem Moment, in dem ich selbst zögere, mich als schwul zu outen, wirkt das Vorurteil und das Stigma und bremst mich in meiner Selbstverwirklichung. Und das ist etwas, was man als queere Person leider schon in der frühesten Jugend spürt. Auch bei der Aidshilfe Baden-Württemberg, bei der ich im Vorstand bin, sehen wir, dass das Stigma um HIV auch sehr sehr stark ist.

Neugierig geworden? Bis zum 14. April könnt ihr die Ausstellung im Kunstmuseum besuchen und euch selbst ein Bild von den Werken machen!

 

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Werke:
1 Kate Diehn-Bitt, Selbstbildnis als Malerin, 1935, Kunsthalle Rostock, © Kate Diehn-Bitt Sitftung
2 Otto Griebel, Der Schiffsheizer, 1920, Privatsammlung, Deutschland, Matthias Griebel
3 Otto Dix, Bildnis des Fabrikanten Dr. Julius Hesse mit Farbprobe, 1926, Kunstmuseum Stuttgart, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023
4 Grethe Jürgens, Selbstbildnis, 1928, Privatsammlung, Deutschland
5 Richard Ziegler, Zwei Schwestern, 1932, Richard Ziegler-Stiftung, Calw
6 Otto Dix, Bildnis des Juweliers Karl Krall, 1923, Kunst- und Museumsverein im Von Heydt-Museum Wuppertal, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023
7 Otto Dix, Abschied von Hamburg, 1921, Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser, Eigentum der Stiftung Gunzenhauser, Chemnitz, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023
8 Elsa Haensgen-Dingkuhn, Abend in St. Pauli, 1934, Museumsberg Flensburg, Erbengemeinschaft Dingkuhn, Hamburg

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